Seite - 227 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN 227
das einzige übernationale Portefeuille, in dem die Porträts und Rollenbild-
nisse vorwiegend zeitgenössischer Schauspieler und Artisten gemeinsam mit
grotesken und außergewöhnlichen Personen vereint waren, die durch ihr be-
sonderes Aussehen zu Bildniswürden gelangten. Feuerschlucker und Was-
serspeier lagen dort neben siamesischen Zwillingen, Riesen, Kleinwüchsigen
oder Personen mit extremer Leibesfülle. Das unterste Ende beanspruchten
legendäre Verbrecher, die durch ihre Straftaten Bekanntheit erlangt hatten,
Attentäter und Giftmischer, Hochstapler und Brandstifter, Straßenräuber
und Königsmörder.
7.5.2 Weiterführung und Inventarisierung der Porträtsammlung unter
Adam von Bartsch 1791–1821
Die Beibehaltung der historischen Aufstellung der Eugen’schen Porträts-
ammlung und deren gleichzeitige Fortführung im Sinne der vorhandenen
Systematik war von Beginn an seiner Tätigkeit als Leiter der Kupferstich-
sammlung das erklärte Vorhaben des Kustoden und Kupferstichkenners
Adam von Bartsch, der 1777 zwanzigjährig vom neuernannten Präfekten
Gottfried van Swieten als Skriptor in die Hofbibliothek aufgenommen wur-
de.724
Die Kupferstichsammlung des Prinzen Eugen hatte in den Jahrzehnten
seit ihrer Übernahme keine wesentliche Vermehrung erfahren. Die Verwal-
tung erfolgte mehr oder weniger fachmännisch durch den Kustos Joseph
Martinez, der sich, ursprünglich für orientalische Sprachen angestellt, ne-
ben Ordnung und Finanzen der Hofbibliothek auch um die Erweiterung der
Inkunabelsammlung kümmerte.725 Ende des Jahres 1790, wenige Wochen
vor seine Ernennung zum Aufseher der Kupferstichsammlung, legte Bartsch
einen aus 14 Paragraphen bestehenden Vorschlag zur „Fortsetzung und Er-
haltung der k.k. Kupferstichsammlung“ vor, in dem er als sein erstes Ziel
nannte, „die Sammlung des Prinz Eugen so viel als möglich unverletzt zu
erhalten“.726 Die künftige Einarbeitung neu hinzugekommener Porträtstiche
sowie jener, die sich von alters her in der Bibliothek befanden und dort gro-
ßenteils unbearbeitet und außer allem Gebrauch in einem eigenen „Duplika-
724 Zu Leben und Werk Adam von Bartschs siehe Stix (1921, 1927), Koschatzky (1978), Rie-
ger (2014).
725 Stix (1921), S. 88. Martinez, der die Söhne Kaiserin Maria Theresias in der italienischen
Sprache unterrichtete, war bereits 1773 auf den 16-jährigen Bartsch aufmerksam gewor-
den, worauf er ihn Erzherzogin Maria Anna zur Förderung ihres numismatischen Werkes
empfohlen hatte. Vgl.: Neuestes Conversations-Lexicon (…), Wien, 1826, Bd. 2, S. 218.
726 ÖNB Archiv, HB 469-1790.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur