Seite - 265 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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8. DIE ORDNUNG DER PORTRÄTSTICHSAMMLUNG KAISER FRANZ’ I. 265
bürgerlicher Abstammung, welches
sich auch in der systematischen Auf-
stellung manifestieren sollte, äußert
sich nicht zuletzt in deren gesonder-
ter Erfassung. Dabei setzten sich die
Rubriken, nach welchen er die Bild-
nisse nicht dynastischer Personen
erfasste, aus einem Konglomerat aus
politischen, geistlichen und militä-
rischen Ämtern, bürgerlichen Beru-
fen, sozialen und weltanschaulichen
Gruppen bis hin zu mythologischen
oder sagenhaften Gestalten zusammen. Aus diesen Normen, mit welchen er
jeweils die Position einer Personengruppe im gesellschaftlichen Gefüge fest-
legte, bildete er 63 Ordnungsklassen, denen die einzelnen Porträts zugeord-
net wurden (Tab. 10). Zusätzlich zu den Namen der Porträtierten notierte der
Kaiser auch kurze Angaben zu Herkunft, Beruf oder Dienstgrad.
In der Einführung einer „ständischen Ordnung“ als nach Schichten auf-
gebaute Sozialpyramide, an deren Spitze der Kreis der Monarchen steht
und darunter das Untertanentum nach gesellschaftlicher und kultureller
Zugehörigkeit, gleicht die Systematik, die Franz für seine Sammlung fest-
legte, einigen Kollektionen zeitgenössischer Sammler.815 Ob diese Konzep-
tion von Anbeginn an bestimmend war, lässt sich aus heutiger Sicht kaum
nachvollziehen. Sicher ist allerdings, dass der Ankauf des Nachlasses Ge-
org Friedrich Brandes’ im Jahr 1796 Auswirkungen auf die Sammlungs-
struktur gehabt haben muss. Die dort mitgelieferte Systematik könnte bei
der Zusammenführung der riesigen Privatsammlung mit den eigenen Be-
ständen ansatzweise auf den Gesamtbestand übertragen worden sein. Die
Feingliederung der einzelnen Klassen dürfte sich dann nach und nach aus
der Beschäftigung mit den Lebensbeschreibungen der Porträtierten entwi-
ckelt haben. Dem Erstellen von Kurzbiografien als wichtigem Bestandteil
der intellektuellen Beschäftigung mit der Sammlung kam von Beginn an
besondere Bedeutung zu. Bis heute haben sich teilweise ausführliche Le-
bensbeschreibungen von der Hand des Kaisers erhalten.816 Aus dieser engen
815 Als ein Beispiel sei hier die Porträtsammlung des Johann Andreas Gottfried Schetelig aus
Celle angeführt, der die Bildnisse der Monarchen separat chronologisch reihte, die der
Bürger alphabetisch. Vgl. Hirsching, Bd. 5 (1792), S. 301.
816 Etwa zu 20 Admirälen, von Andrea Doria bis Niles Juel. ÖNB, BAG, FKB 28032/2/3. Dass
diese erst nach 1790 verfasst wurden, ergibt sich aus einer kurzen Notiz des Kaisers da-
rin, dass der spätere König Wilhelm IV. von England 1790 zum Admiral ernannt wurde.
Abb. 81: Portefeuilles mit
Klassenbezeichnungen: Feldherren, Frauen
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Titel
- Porträtgalerien auf Papier
- Untertitel
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Autor
- Patrick Poch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
- Schlagwörter
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Kategorie
- Kunst und Kultur