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– DasMuseumderOkkupationen inTallinnwurde2003ineinemeigensdafür
errichtetenGlasbau eröffnet und 2018 imZuge derUmgestaltungder ständigen
Ausstellung inVabamuMuseumderOkkupationenundderFreiheit–eineWort-
kombination aus den estnischenWörtern für Freiheit (vabadus) und Museum
(muuseum)–umbenannt.DetaillierteAnalysensindnurwenigeverfügbar, etwa
über die Gründung des Museums durch die Exil-Estin Olga Kistler-Ritso 1998
oder die bereits vom Staat mitfinanzierte Eröffnung 2003. (Burch und Zander
2010, 56; Tamm2013)DasVerblüffendeanmehrerendieserAnalysendesMuse-
ums ist,dasssie sichnichtaufeinanderbeziehenundsomit teilweisezusehrun-
terschiedlichen Interpretationengelangen.Währenddie einenbehaupten, es sei
das Museummit dem offensten Narrativ unter den drei baltischenMuseen, in
demObjektewillkürlichohneerklärendenTextgezeigtwerden(Bartuschka2005,
205;Mark2008,351),bezeichnenesanderealsdaspolitischstederdrei,„moreun-
ambiguously an extension of state power than its Latvian counterpart.“ (Velmet
2011, 204)Undwenndoch frühereAnalysen referenziertwerden,dannohnedass
unterschiedliche Interpretationenkommentiertwerden.SodeuteteinTextdieaus-
gestellteReihealterKoffernebendemEingangalsSymbolfürdie70.000EstInnen,
diedasLand1944verließen (Mark 2008, 351),währendsie anderealsErinnerung
daranverstehen,dassvieleEstInnen indenGulagdeportiertwurden. (Burchund
Zander2010,61)
In der Dauerausstellung aus 2003 war die russischsprachige Bevölke-
rung Estlands imNarrativ der estnischenMehrheitsbevölkerung exkludiert.
Dies wird in der bereits existierenden Literatur aber nur indirekt angespro-
chen,wenndasMuseumals einerder Schauplätzeder Straßenschlachten im
Anschluss an die Entfernung des berühmten sowjetischen Bronze-Soldaten aus
derTallinner Innenstadt imApril 2007 erwähntwird. (Nugin 2016, 28; Lehti, Ju-
tila und Jokisipilä 2008, 407) Auf die Inhalte der nunmehr ‚alten‘Ausstellung
gehenvorallemBurchundZander (2010),Velmet (2011)undMark (2008;2010a)
ein. 2017 erschienen Reflexionen über die 2016 verkündete geplante Umbenen-
nung inVabamu. (Kõresaar und Jõesalu 2017;Weekes 2017) Eine systematische
Analyseder ständigenAusstellungwarbisheralsoeinForschungsdesiderat.Über
die neue Ausstellung liegt nun eine erste Analyse von Heiko Pääbo und Eva-
ClaritaPettai (2019)vorundauchEneKõresaarundKirsti JõesaluvonderUniver-
sität Tartu forschen dazu, doch sind ihre (mir bereits vorliegenden) Ergebnisse
nochnichterschienen. 1 Einleitung 7
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Titel
- Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
- Untertitel
- Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Autor
- Ljiljana Radonić
- Verlag
- DE GRUYTER
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-072205-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Geschichte Nach 1918