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nach 1945nicht zurVerantwortunggezogenwurden sowiederNachkriegsanti-
semitismus,diePogromevon1946 inKunmadarasundMiskolc (Fritz 2015, 217;
Fritz 2010, 172) unddie Kontinuität desAntiziganismus (Meyer 2014, 157). Syste-
matischeAnalysenderAusstellungbliebenselten (Blutinger 2010, 89)undbeton-
ten vor allemden Fokus der Ausstellung auf die individualisierendeDarstellung
derOpfer. (Köhr 2007; 2012)BirgaMeyerwendethingegen in ihrerDissertation
ein, die fünf individualisierendenFamiliengeschichten,welche sich vonRaum
zuRaumdurchziehen, die Interviewsmit Überlebenden und die Sektion über
„Jewish responses“ seien für dasNarrativ sekundär undnurwenigprominent.
(Meyer 2014, 150) Dementsprechend kritisiert sie, dass ,die Juden‘ als homo-
gene, passive Opfergruppe konstruiert werden (Meyer 2014, 157; Meyer 2018,
129),was ich jedoch inmeinerAnalysewiderlege.Wegweisend istMeyersKritik
dermarginalisiertenDarstellungvonRoma,die zumTeil antiziganistischeStereo-
typereproduziere. (Meyer2014,181f;2018,141f)MeineErkenntnisderÄhnlichkeit
des Holocaust-Gedenkzentrumsmit der ebenfalls 2006 in Jasenovac eröffneten
DauerausstellungwarfdiezentraleFragediesesBuchesnachdenParallelenwäh-
rendderEU-Beitrittsbemühungenüberhauptauf.
– DasNationale Zeitgeschichtemuseum in Ljubljana ist ein Nachfolger des
1948gegründetenMuseumsderVolksbefreiung,1962 inMuseumderVolksrevo-
lution, 1994 in Zeitgeschichtemuseumumbenannt, und seit 1951 im barocken
Cekin-Schloss aus dem 18. Jahrhundert untergebracht. (Urbanc 1998) Die Aus-
stellung Slovenes in the 20th Century wurde 1996 eröffnet und verschiedene
Teile wurden seitdem zu unterschiedlichen Zeitpunkten überarbeitet. Über die
Geschichtedieses ehemaligenRevolutionsmuseums imVergleichzumbosnischen
PendantunddieheutigeAusstellungschriebvorallemVanjaLozic (2011) imRah-
mendesgroßangelegtenProjektsEuropeanNationalMuseums (EuNaMus).Denbis
2011amtierendenMuseumsdirektorundVorsitzendenderKommissionfürMassen-
gräber,JožeDežman,beschreibtOtoLutharmehrfachalseinenjener„Konvertiten“
unter den slowenischenHistorikerInnen, die bis zumSystemwechsel denMy-
thos vonder „unbeflecktenPartisanenvergangenheit“pflegten,umdann inden
1990ern festzustellen, dass es sich um „Parteirassismus“ und „Parteihölle“ ge-
handelthabe. (LutharundLuthar2006,138)DežmansNachfolgerinKajaŠirok ist
eineVertreterinderneuenHistorikerInnengeneration,diedenFokusaufdieVer-
mittlungsarbeit und die temporären Ausstellungen legt. Erwähnung findet oft
einzig die kurioseBegebenheit, dass ein slowenischer Schriftsteller die ständige
Ausstellung dafür kritisierte, „die dunkle Seite der slowenischenGeschichte im
Sommer1945verdecktunddas totalitäreSystemschöngefärbt“ (Jančar 1998b, 5)
zu haben und daraufhin 1998 promptmit der Ausarbeitung einer zusätzlichen
Ausstellung beauftragt wurde. (Corsellis und Ferrar 2005, 234; Kralj 2014, 69f;
1 Einleitung 15
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Titel
- Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
- Untertitel
- Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Autor
- Ljiljana Radonić
- Verlag
- DE GRUYTER
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-072205-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Geschichte Nach 1918