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Die Idee,den23.August,denJahrestagdesHitler-Stalin- respektiveMolotow-
Ribbentrop-Pakts 1939 zu einem europäischen Gedenktag zu erklären, entstand
2008währendder slowenischenEU-Ratspräsidentschaft undwurde inVorberei-
tung auf die tschechische 2009weiterentwickelt. Die tschechische Regierung fi-
nanzierte 2008 eine amstaatlichen Institut für die Erforschung totalitärer Regime
in Prag ausgerichtete Konferenz über European Conscience and Communism, im
Rahmen derer die Prager Deklaration verabschiedet wurde. Auf ihrer Grundlage
unterzeichneten am23. September 2008 409Mitglieder des EuropäischenParla-
ments eine Erklärung zur Unterstützung der Errichtung eines „EuropeanDay of
RemembranceforVictimsofStalinismandNazism“.DieUnterstützungserklärung
aus2008betonteAlineSierpzufolge
thesimilaritiesbetweentheNaziandtheCommunist regimeandcalls forequal treatment
ofvictimsofboth ideologies. […]Ananalysisof thedocument texts showsclearly that the
alreadywell-institutionalised remembrance of theNazi crimes served as amodel for the
remembranceofCommunistcrimesbut that itwasalsounderstoodasacompetitorwithin
anallencompassingEuropeanheritage. (Sierp2017,447)
Sierp beschreibt die heftigenKämpfe, die vor allemdie sozialistische Fraktion
desEuropäischenParlamentsgegendie InitiativederEuropäischenVolkspartei
bis zurVerabschiedungderResolution imApril 2009unterdemstarkveränder-
tenNamen „Entschließung des Europäischen Parlaments zumGewissen Euro-
pasundzumTotalitarismus“ führte,diemit 553zu44angenommenwurde.Die
EinsetzungeinervondenEuropäischenSozialistInnenangeführtenGeschichts-
arbeitsgruppe gegen eineUmschreibungderGeschichte undgegendieGleich-
setzungder sowjetischenmitdenNS-Verbrechen imVorfeldderEntschließung
habewesentlich dazu beigetragen, dass diese „distinguishes Stalinism clearly
fromCommunism, includes alsoSouthernEuropeandictatorships in the list of
totalitarian regimes, andexplicitlymentions theuniquenessof theHolocaust.“
(Sierp2017,448)Zwischen2009und2011,alswestlicheMitgliedsländerdieEU-
Ratspräsidentschaft innehatten, veränderte sich nicht viel und der 23. August
setzte sichnichtalsEuropäischerGedenktagdurch.Erstals 2011mitPolenwie-
der ein ostmitteleuropäisches Land die Ratspräsidentschaft innehatte, verab-
schiedetederRatdie„WarsawDeclarationontheoccasionof theEuropeanDay
of Remembrance for Victims of Totalitarian Regimes“ und riet darin denMit-
gliedstaaten,den23.Augustals„EuropeanDayofRemembrancefor theVictims
ofallTotalitarianRegimes“zubegehen. (Sierp2017,449)
Ausdruck der Bemühungen um eine Inklusion der postsozialistischen Pers-
pektiveintransnationaleErinnerungsprozessesindauchdas2005insLebengeru-
fene und seit 2008 operierendeEuropäischeNetzwerk Erinnerung und Solidarität
(ENRS)mit Sitz inWarschauunddieebenfalls zunächst am Institut fürdieErfor-
28 2 TheoretischeEinbettung
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Titel
- Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
- Untertitel
- Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Autor
- Ljiljana Radonić
- Verlag
- DE GRUYTER
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-072205-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Geschichte Nach 1918