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ist,andere,alternativeVersionenandenRand(indieStille)zudrängen,zuüberschreiben
undauszucanceln, sie„stillzulegen“. Stilleherrschtdort,wodie„Stilllegung“desgegne-
rischenDiskursesgelungenist. (Marchart2016,54)
BesondersdasVergessenundStilllegenvonGeschichtesindhiervonInteresse.
2.4 DasMuseumundseinetheoretischeVerortung
ImZentrumdieserArbeit stehenMuseen,dieder imKontextderMuseumstheorie
vielzitierte Benedict Anderson als eine „institution of power“ (Anderson 1996,
163) begreift, eine tragendeSäulebei der Schaffungmodernernationaler Identi-
tät. RobinOstow (2008, 3) fasstMuseen inheutigenDemokratien als Schlüssel-
orte für kulturelle undGeschichtspolitik, die nunmittels neuerMedien– nicht
nur,abersehrstarkauch inpostsozialistischenLändern–alsHigh-Tech-Museen
um- oder neugestaltet werden. Alison Landsberg begreiftMuseen als Orte einer
„prostheticmemory“, anhand dererman untersuchen kann, „what itmeans to
ownor inhabit amemory of an event throughwhich onedid not live.“ (Lands-
berg2004,129) JanAssmannbetont,Museenmiteinemgesetzlichverankertenna-
tionalen Status komme als Orten einer symbolischen nationalen Repräsentation
einebedeutendeRollebeider„ErfindungderNationen“ zu. (J.Assmann1999, 31)
Minderheitenmuseen können imGegensatz dazu durch Sichtbarmachung bisher
unterdrückter Gegennarrative Ergänzungen zumKanon bieten. (Pieper 2006, 23)
Vor allemaber,wenn siemit einem traditionell-ethnologisierendenBlickdie ‚An-
deren‘darstellen, können aber auch sie Stereotype reproduzieren.31Museen sind
in jedemFallanderProduktionvonWissenundvonGeschichtebeteiligt. Sie sind
„keineswegs neutrale Räume der Wissensvermittlung und -popularisierung, die
zeigen, wie ‚es‘ früher war. Vielmehrmanifestieren sich im Gezeigten kulturelle
Muster, Ein- und Ausschlussmechanismen und – sozialwissenschaftlich gespro-
chen – soziale, ethnische oder religiöse In- und Outgroups.“ (Sommer-Sieghart
2006, 159)Wie Geschichtspolitik imAllgemeinen sagen auch zeithistorischeMu-
seendabei immervorallemetwasüberdieBedürfnissederGegenwartaus.Dies ist
nichtnur impolitischenSinnegemeint, sondern zielt auchaufneueMedien, den
Unterhaltungsfaktor:
Althoughholding fast toclassicalmodernnotionsof themuseumasapubliceducatorand
asacatalystofsocial reform, thenewmuseologyredefinescuratorialandoutreachpractice
asextendingfarbeyondtheselectionanddisplayof instructivesamplesofknowledge,and
31 AlsBeispielwärehier etwadie vonAdamBartosz inTarnów imRahmendesEthnographi-
schenMuseumseingerichteteRoma-Ausstellungzunennen. (Bartosz1998)
2.4 DasMuseumundseinetheoretischeVerortung 31
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Titel
- Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
- Untertitel
- Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Autor
- Ljiljana Radonić
- Verlag
- DE GRUYTER
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-072205-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Geschichte Nach 1918