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Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen - Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
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Ein Vertreter des nunmehr für die Gedenkstätte zuständigen Nordböhmi- schen Kreisnationalausschusses definierte die Aufgaben desMuseums jedoch auchzudieserZeitentlangdesantizionistischenDiskurses: One of the greatest [tasks] is the construction of a GhettoMuseum the need ofwhich is particularly urgent in the period ofmounting Zionismwhose aggressiveness is threaten- ingworldpeace.Elsewhere in theworldwecan findsomanyproofs that it is imperialism in particular that supports racism. […]We are preparing to establish amuseumcomme- moratingconcentrationcampssetupbyfascismallover theworld.Butweshallnot forget theconcentrationcampsinVietnamandIsraeleither. (Zit.n.Munk2007, 18) DieVorstellungvonIsraelalseinemneuen ‚faschistischen‘Staat,derwiederNati- onalsozialismus nun Konzentrationslager betreibe, ist ein typisches Element des sowjetischen und staatssozialistischen antisemitischen Antizionismus nach 1945 (Haury 2002, 387), der sich in der Dämonisierung undDelegitimierung des jüdi- schen Staates niederschlägt. Nach der Invasion der Tschechoslowakei durch die Sowjetunion und andere Staaten desWarschauer Pakts war ein Ghetto-Museum wieder unmöglich geworden. Die neue Ausstellung sollte stattdessen der Öffent- lichkeit zeigen,dassdergegenwärtigeZionismuskeineLehrenausdemSchicksal dervondenNationalsozialistenliquidiertenJudengezogenhabe(Blodig2005,224; Munk2007, 18), dochauchdiesewurdenicht realisiert. DieMuseumsleitungund einige MitarbeiterInnen protestierten offen gegen die antizionistische Kampagne undwurden Ulrike Lunow (2015, 348) zufolge aus diesemGrund in den Jahren nachdemEinmarschausihrenÄmternentfernt. (Benz2013,236)DieDauerausstel- lungen aus 1971 und 1975 legten den Fokuswieder ganz auf die Kleine Festung unddiekommunistischenHäftlinge.(Lunow2015,355)ZweikleineVitrinenimMu- seum in der Kleinen Festung blieben die einzigen, die an das Ghetto erinnerten. (Blodig 2005, 226; Benz 2013, 237) Einige vonGhetto-Häftlingen angefertigte und hier ausgestellte Bilder verwiesen jedoch implizit weiter auf das Ghetto. (Lunow 2015,358) Imbereits fürdasMuseumgeräumtenGebäudewurdestattdesseneine ständige Ausstellung über die „Geschichte der Nationalen Sicherheitsbehörden unddernordböhmischen revolutionärenTradition“mitMarmorbödenundKris- talllusterneingerichtet–demspäterenDirektor JanMunk (2008, 75) zufolgeum zuverhindern,dassdort einGhetto-Museumeingerichtetwird. EineGedenktafel wurdeamGebäudeangebracht,dieandie inderStadt Inhaftiertenerinnerte, je- dochohnezuerwähnen,dassessichumJüdinnenundJudengehandelthatte. Die Diskursanalyse der sieben Museumsführer aus der staatssozialistischen ÄraoffenbartabereindifferenzierteresBildalsdieGeschichtederMuseumsinstitu- tionvermutenlässt. (Radonić2021)DasGhettowarindenmeistendieserVeröffent- lichungenmarginalisiert, 1972 etwa in drei Absätzen einer insgesamt 27-seitigen Publikation behandelt. (Krylová 1972b) Doch die jüdischen Opfer wurden immer 66 4 DerZweiteWeltkrieg imMuseum
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Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
Titel
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Untertitel
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
Autor
Ljiljana Radonić
Verlag
DE GRUYTER
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-072205-5
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
338
Schlagwörter
Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
Geschichte Nach 1918
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