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resienstadtFrauenalshandelndeAkteurinnen,TäterinnenwieOpferbenannt:die
„Gattinnender dortigenAufseher“alsAufseherinnen (Kulišova 1963, 40), Frauen
als politische Häftlinge (Krylová 1972b, 34) und „Partisaninnen“ (Krylová 1972b,
33), insbesondere„dieKommunistinMiladaPixová“,die inTheresienstadt fürden
Widerstandarbeitete. (Krylová 1972a, 17; vgl.Krylová 1972b, 35)Auch inden Jase-
novac-GuideswerdenFrauennichtaufpassiveOpferschaft reduziert, sondern1985
etwa als Beispiel für individuellenWiderstand im Lager genannt: Frauen, deren
Kinderweggenommenodergequältwurden,griffendieWächterInnenindiesenSi-
tuationenan.(Trivunčić1985,67) ImslowakischenGuideaus1977solleinFotoder
Bildunterschrift zufolgedie„Bevölkerung“zeigen,wiesiezudenWaffengreift, es
sind aber fast ausschließlich Frauen zu erkennen. (Múzeum SNP 1977, 34) 1985
sehenwiraufeinemder88FotoseinemitzahlreichenOrdenausgezeichneteParti-
sanin. JedochsinddieseDarstellungenvonFrauenalsAkteurinnenkeinesfallsdie
Regel. ImGuideaus1977sind28der94FotosPorträtaufnahmenvonWiderstands-
kämpfern undwichtigen Persönlichkeiten, allesamtMänner. (MúzeumSNP 1977)
AufzeitgenössischenAufnahmenwerdenFrauenhiervorallemalsMuseumsbesu-
cherinnenoder-führerinnengezeigt.
In Bezug auf visuelle Elemente lässt sich in Publikationen aus dem Auf-
standsmuseum,ausTheresienstadtwieaus JasenovaczunächstdieAbwesenheit
vonMenschen feststellen. Die diachroneAnalyse des visuellenMaterials (Rado-
nić 2016b, 181f) förderte einen frappanten–mit Ausnahme des Ausreißers aus
1967–kontinuierlichenWandel zuTage:DerTheresienstadt-Guide aus 1963 en-
thält 24Fotografienauf75Seiten,ausschließlichFotos leererHöfe,Gebäudeund
Zellen der Festung. (Kulišova 1963) In der liberalenPhase 1967 ist auch auf der
Bildebeneallesanders:nebenzwölfFotos leererHöfeundGebäudesindhierauch
achtZeichnungenvonKindernundJugendlicheninklusiveihresNamens,Geburts-
jahresundTodesjahres inAuschwitz enthalten, einAusnahmefall imHinblick
aufdie sehr frühe IndividualisierungderOpfergeschichten. 1972sinddanner-
neut Häftlinge nur einmal eher zufällig auf einer Abbildung desWachturms
des Konzentrationslagers in Litoměřice zu sehen. (Krylová 1972a, 6) ImFoto-
bandaus1974zeigenvonden insgesamt84AufnahmeneinigeauchTäterund
Häftlinge, diese aber nur als anonyme Menge oder als Leichen. Aber auch
zehn Zeichnungen derHäftlinge aus der Kleinen FestungunddemGhetto sind
hier enthalten. Diese werden jedoch als Abbildungen der historischen Realität,
zumBeispielder„Judenzelle“präsentiert. (Novák1974,60)DieerstePublikation,
diealsVersuchderumfassendenIndividualisierungderOpferbetrachtetwerden
kann, ist derHochglanzbandaus 1988mit 370visuellenElementenauf 280Sei-
ten. 28 davon zeigen private, namentlich zugeordnete Porträts politischer Häft-
linge der Kleinen Festung, sieben von Ghettohäftlingen. Hinzu kommen noch
25 Zeichnungen aus der Kleinen Festung und rund 90 aus demGhetto, davon
4.1 Vor1989:DieMuseen indersozialistischenÄra 69
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Titel
- Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
- Untertitel
- Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Autor
- Ljiljana Radonić
- Verlag
- DE GRUYTER
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-072205-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Geschichte Nach 1918