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Rausch der Verwandlung
Seite - 33 -
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Seite - 33 - in Rausch der Verwandlung

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Von der Halle aus sieht sie die Tante kommen. Sonderbar, was das Mädel hat. Wie tolprig sie die Treppe hinunterschießt, wie schief und verlegen an den Leuten vorbei! Ein nervöses Ding wahrscheinlich; man hätte sich doch früher erkundigen sollen! Und mein Gott, wie tölpelig sie jetzt am Eingang stehen bleibt, wahrscheinlich ist sie kurzsichtig oder sonst etwas klappt nicht. »Na, was hast du denn, Kind? Ganz blaß bist du ja. Ist dir nicht wohl?« »Nein, nein«, stammelt die noch immer Verstörte – es sind noch so gräßlich viel Leute in der Halle, und dort die alte Dame in Schwarz mit dem Lorgnon, wie sie herschaut! Wahrscheinlich auf ihre lächerlichen groben Schuhe. »So komm doch, Kind«, mahnt die Tante und schiebt ihr den Arm unter und ahnt nicht im mindesten, welchen Dienst, welchen ungeheuren sie damit der Verschüchterten erweist. Denn damit ist Christine endlich ein Stück Schatten gegeben, in den sie sich drängen kann, eine Folie und halbes Versteck: die Tante deckt sie wenigstens nach einer Seite hin mit ihrem Körper, ihrer Toilette, ihrem Ansehen. Dank ihrer Begleitung gelingt es der Nervösen in ziemlich anständiger Haltung den Speisesaal zu durchqueren und bis zum Tisch zu kommen, wo phlegmatisch und schwer Onkel Anthony wartet; jetzt steht er auf, ein gutmütiges Lachen umspannt seine breiten Hängebacken, und mit seinen rotränderigen, aber holländisch hellen Augen blickt er der neuen Nichte freundlich entgegen und reicht ihr die schwere, abgearbeitete Tatze. Seine Froheit stammt hauptsächlich davon, daß er nicht länger vor dem gedeckten Tisch warten muß, als Holländer ißt er gern, viel und behaglich. Störungen sind ihm verhaßt, und insgeheim hat er seit gestern schon Angst vor einem untunlichen, mondänen Flatterhuhn, das ihm die Mahlzeit mit Plappern und Vielfragerei verstören würde. Wie er jetzt die neue Nichte sieht, verlegen, reizend, blaß und bescheiden, wird ihm wohl. Mit der, sieht er sofort, ist’s leicht sich vertragen. Freundlich blickt er sie an und ermutigt jovial: »Essen mußt du vor allem, dann werden wir sprechen.« Es macht ihm Freude, dieses schmale scheue Ding, das nicht aufzublicken wagt und ganz anders ist als die Flappers drüben, die er knurrig haßt, weil hinter ihnen immer gleich ein Grammophon losrasselt und weil sie so schlenkernd frech wie nie eine Frau aus seinem alten Holland durch die Zimmer gehn. Eigenhändig, obwohl er beim Vorbeugen etwas ächzen muß, schenkt er ihr Wein ein und winkt dem Kellner, mit dem Servieren zu beginnen. Aber wenn der Kellner nur nicht so sonderbare Extravaganzen mit seiner hartgeplätteten Manschette und seinem ebenso steifkalten Gesicht auf den Teller legte, all diese niegesehenen Hors-d’&œuvres, eisgekühlte Oliven, bunte Salate, silberne Fische, Artischockenberge, unergründliche Crèmes, zarten Gänseleberschaum und die rosafarbenen Lachsschnitten – alles 33
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Rausch der Verwandlung
Titel
Rausch der Verwandlung
Autor
Stefan Zweig
Datum
1982
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
204
Kategorien
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