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Rausch der Verwandlung
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dies eine Art Adel) und doch keine Juden, dann vielleicht auch, weil ihr Zweitältester Sohn Harro, dessen Gut sich unter schwerverzinslicher Last von Hypotheken beugt, morgen eintreffen soll und dessen Bekanntschaft mit einer amerikanischen Erbin nicht völlig zwecklos schien. Für diesen Vormittag haben sie für zehn Uhr mit Frau van Boolen gemeinsamen Spaziergang verabredet, aber plötzlich (nach eingelangter Information von der geheimrätlichen Nachrichtenstelle) schicken sie um halb zehn den Portier ohne jede weitere Motivierung, es sei ihnen leider nicht möglich. Und merkwürdig, statt diese späte Absage entschuldigend zu motivieren, gehen sie mittags, steif grüßend, am Tisch der van Boolens vorbei. »Sonderbar«, argwöhnt sofort Frau van Boolen, in allen gesellschaftlichen Dingen empfindlich bis zur Krankhaftigkeit, »haben wir sie beleidigt? Was ist da vorgefallen?« Und abermals merkwürdig, nach dem Mittagessen in der Halle – Anthony hält seinen Nachtisch-Schlaf – Christine schreibt im Schreibzimmer – setzt sich niemand zu ihr. Sonst kommen regelmäßig die Kinsleys oder die andern Bekannten zu gemütlichem Plausch, jetzt bleibt wie auf Verabredung jeder an seinem Tisch, und sie sitzt ganz verlassen wartend allein in ihrem tiefen Sessel, merkwürdig berührt, daß alle Freunde nicht herüberkommen und der aufgeblasene Trenkwitz sich nicht einmal entschuldigt. Endlich kommt jemand heran, und auch er anders als sonst, steifbeinig, umständlich, feierlich, Lord Elkins. Merkwürdig verdeckt hält er die Augen unter den rötlich müden Lidern – sonst sieht er immer so offen und klar einen an, was hat er nur? Er verbeugt sich beinahe zeremoniell: »Darf ich mich zu Ihnen setzen?« »Aber gern, lieber Lord. Wie fragen Sie nur?« Sie wundert sich abermals. So unleger ist seine Haltung, er sieht seine Fußspitzen ausführlichst an, er knöpft den Rock auf, er zieht die Bügelfalten zurecht; sonderbar, sonderbar. Was er nur hat, denkt sie, er macht, als ob er eine Festrede halten sollte. Endlich hebt mit entschlossenem Ruck der alte Mann seine hellen klaren Augen aus den schweren Lidern, es ist wirklich wie ein Stoß Licht, wie der Blitz eines Degens. »Hören Sie, dear Mistress Boolen, ich möchte gern mit Ihnen etwas Privates besprechen, es hört uns hier niemand. Aber Sie müssen mir Freiheit geben, ganz aufrichtig zu sein. Ich habe die ganze Zeit nachgedacht, wie ich die Sache Ihnen andeuten sollte, aber Andeutungen haben keinen Sinn bei ernsten Angelegenheiten. Persönliche und peinliche Dinge muß man doppelt scharf und gerade angehen. Also… ich habe das Gefühl, meine Pflicht als Freund zu tun, wenn ich ganz ohne Rückhalt zu Ihnen spreche. Wollen Sie 87
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Rausch der Verwandlung
Titel
Rausch der Verwandlung
Autor
Stefan Zweig
Datum
1982
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
204
Kategorien
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