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31 Diese Übung versucht mittels Fragen potentielle Fälle zum Thema Gewalt aufzuzeigen und die Teil-
nehmenden mit der Frage zu konfrontieren, ob Gewalt, auch wenn es oft die einzige Möglichkeit ist,
überhaupt gerechtfertigt werden kann.
32 Sandel, Michael: Gerechtigkeit. Wie wir das Richtige tun. Ullstein, Berlin 2009, S. 19.
33 Aristoteles: Die Nikomachische Ethik. Übers. Gigon, Olof, Artemis Verlag, München/Zürich 1967, V,
1129a ff.
CHRISTIAN (HANDbUCH) 117
3. Den Respekt anderer Menschen erlangen
4. Sich an einer Person rächen, nachdem sie dich beleidigt oder betrogen hat
5. Uns vor einem Angriff verteidigen
6. Einen möglichen Angriff von einer Person, die dich bereits früher attackiert hat,
vermeiden
7. Menschen verteidigen, die dir nahe stehen und gerade angegriffen werden
8. Einen möglichen Angriff auf Menschen, die dir nahe stehen und bereits vorher
attackiert wurden, vermeiden
9. Einen Menschen verteidigen, der gerade angegriffen wird
10. Einen Menschen verteidigen, bei dem es den Anschein hat, als würde er gerade
angegriffen werden
11. Nur in Situationen, in denen Gewalt die einzige Lösung ist, die wir haben31
12. Gewalt ist nur dann gerechtfertigt, wenn unser Leben oder das Leben anderer in
Gefahr ist
Episode 5: Wir teilen den Sportplatz gerecht
Leitgedanke 1: Gerechtigkeit – etwas benötigen, etwas verdienen
Der amerikanische Philosoph Michael Sandel schreibt: „Fragt man, ob eine Gesellschaft ge-
recht ist, so läuft dies darauf hinaus, wie sie all das verteilt, was wir schätzen - Einkommen
und Wohlstand, Pflichten und Rechte, Befugnisse und Chancen, Ämter und Ehren. Eine ge-
rechte Gesellschaft verteilt diese Güter auf angemessene Weise; sie gibt jeder oder jedem,
was ihr oder ihm zusteht. Die Schwierigkeiten beginnen, wenn wir fragen, was denn nun
wem zusteht - und warum.“32 Sandel gibt zu, dass es ein Problem darstellt, festzulegen, wer
was und aus welchen Gründen heraus verdient. Normalerweise denken wir, dass jemandem
eine Belohnung zu geben dasselbe bedeutet, wie jemandem das zu geben, was er/sie tat-
sächlich verdient. Das wäre gerecht. Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Wer
verdient es eher, den Sportplatz zu benützen? Wer braucht ihn dringender?
Bezugnehmend auf einige Theorien der Gerechtigkeit gibt es eine Menge von Er-
örterungen über „persönliches Verdienst“ als fundamentales Prinzip der Gerechtigkeit.
Dies lässt sich weit zurückverfolgen, so kennzeichnet Aristoteles Gerechtigkeit bereits als
Übereinstimmung mit dem Verdienst33 – Auch heute gibt es die Gerechtigkeitsvorstellung
im Sinne von „Jedem gemäß seinen Verdiensten“.
Viele scheinen zu denken, dass es gerecht sei, für unsere Leistungen und unsere
Talente belohnt zu werden. Prinzipiell hat es den Anschein, gleiche Möglichkeiten anzu-
bieten und dann diejenigen zu belohnen, die am härtesten gearbeitet haben oder, einfach
ausgedrückt, mehr Talent besitzen.
Der Begriff der Gerechtigkeit berücksichtigt das Ungleichgewicht, das durch ver-
schiedene Voraussetzungen der Ausgangsbedingungen einer jeden Person vorhanden ist,
nicht. Dies wird klar, wenn wir über Talent sprechen (Menschen sind für bestimmte Dinge
Reflexiver Kosmopolitanismus
Entwicklung einer Forschungsgemeinschaft durch den philosophischen Dialog
- Titel
- Reflexiver Kosmopolitanismus
- Untertitel
- Entwicklung einer Forschungsgemeinschaft durch den philosophischen Dialog
- Herausgeber
- Ediciones La Rectoral
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Lehrbücher PEACE Projekt