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ihre eigens geschaffene Typologie hervor. Diese kann jedoch nicht heran-
gezogen werden, da sie keine allgemeingültige und operationalisierbare
Kategorisierung für den angestrebten Rechtsvergleich ermöglicht.
Ich habe mich schlussendlich für eine Kategorisierung anhand des „Re-
gularisierungszwecks“ entschieden. Der Begriff leitet sich von „Aufent-
haltszweck“ ab, der den „für die Erteilung maßgeblichen Rechtsgrund“
umschreibt. Für die vorliegende Arbeit ist der Begriff „Regularisierungs-
zweck“ im Vergleich zu „Aufenthaltszweck“ präziser und besser geeignet,
da dadurch nicht alle aufenthaltsrechts-begründenden Entscheidungen er-
fasst werden, sondern nur jene, die unter den Regularisierungsbegriff fal-
len. Abgesehen davon sind die beiden Begriffe aber ident. Da die Regulari-
sierungsdefinition um die individuelle Entscheidung, mit der das Aufent-
haltsrecht einhergeht, konstruiert ist, erscheint die Anknüpfung an die
Zweckgebundenheit somit der leistungsfähigste Anknüpfungspunkt für
den Rechtsvergleich zu sein.
Methodisch wurden die für Regularisierungen relevanten Regularisie-
rungszwecke sodann aus den drei einschlägigen Rechtsquellenebenen her-
ausgearbeitet (Völker-, Europa- und autonom-nationales Recht): „Nicht-
rückführbarkeit“, „soziale Bindungen“, „Familieneinheit“, „Vulnerabili-
tät“, „Erwerbstätigkeit und Ausbildung“ und „sonstige staatliche Interes-
sen“.
Wie sich aus Tabelle 2 ergibt, wurden die Regularisierungszwecke in
zwei Kategorien eingeteilt, je nachdem ob sie völker- und/oder unions-
rechtliche Bezüge haben bzw ob sie nur im autonom-nationalen Recht ver-
ankert sind. Die Regularisierungszwecke 1 bis 4 sind völker- bzw europa-
rechtlich geprägt. Diese können zwei unterschiedliche Folgen für die Mit-
gliedstaaten auslösen: Einerseits ist es möglich, dass die völker- bzw euro-
parechtlichen Bestimmungen ein rechtliches Abschiebehindernis darstel-
len und dadurch einen besonderen Ausweisungsschutz gewährleisten.
Nichtsdestotrotz sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht verpflichtet,
ein Aufenthaltsrecht zu erteilen. Die Entscheidung den Aufenthalt von
diesen Personen zu genehmigen liegt somit noch im Ermessen der Mit-
gliedstaaten. Ein Anspruch auf Aufenthalt kann aber gegebenenfalls auf
nationaler Ebene bestehen. Umgekehrt haben die Migrant*innen in diesen
Fällen keinen Rechtsanspruch auf Regularisierung aufgrund höherrangi-
ger Bestimmungen. Die Praxis zeigt allerdings, dass die Mitgliedstaaten auf
die rechtlichen Abschiebehindernisse oftmals mit der Erteilung eines Auf-
enthaltsrechts reagieren und deshalb über die höherrangigen Bestimmun-
gen hinausgehen, auch wenn sie hierzu völker- bzw europarechtlich nicht
verpflichtet wären. Dies müsste konsequenterweise im aktuellen Rechtsdis-
B. Systematisierung von Regularisierungen für den integrierten Rechtsvergleich
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https://doi.org/10.5771/9783748902720, am 28.01.2020, 12:12:37
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Titel
- Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
- Untertitel
- Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Autor
- Kevin Fredy Hinterberger
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0272-0
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 514
- Kategorie
- Recht und Politik