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âUrtatsacheallerGeschichteâ rekurriert.61 Es besteht nachwie vor eineDiskre-
panz zwischen demAnspruch wissenschaftlicher Biographien und der publi-
kumswirksamenUmsetzung. Fischers Einwand redet dabei der Panegyrik und
indirekt auchdemArgumentdasWort, derWert vonBiographien lieĂe sichan
Verkaufszahlenmessen. In seineminderZeitveröffentlichtenArtikel fordert er
eine RĂŒckkehr zur Individualbiographik. Allerdings hat Christoph Gradmann
schon2003gerademitBlickaufWissenschaftlerbiographienangemerkt,dass
bei der historischen Rekonstruktion medizinischer Forschung ein individualbiographi-
scherAnsatznicht selten indie Irre [fĂŒhrt]:DerVersuch festzustellen,werwannundwo
einebestimmte Impftechnik erfundenhat, fĂŒhrt [. . .] in ein komplexesGeflecht persona-
leroder institutionellerAkteure,kulturellerPraktikenusw.62
Die Schwierigkeiten biographischer Forschung gehen unter anderemauch auf
begriffliche UnschĂ€rfen zurĂŒck. Falko Schnicke konstatiert imHandbuch Bio-
graphie, dass der Terminus âBiographieâ eineVielzahlmiteinander verwandter
und konkurrierender Unternehmungen umfasse. Eine detaillierte, differenzie-
rende Studie liegt bislang nicht vor, und so sind âLebensbeschreibungâ, âVitaâ,
âPortrĂ€tâ, âCharakteristikâ, âDenkmalâ, âNekrologâ semantisch erst noch genauer
zuunterscheiden.63
âBiographieâmeint andieser Stelle ganzallgemeindiemedialeDarstellung
von Leben in unterschiedlichen sozialen wie historischen ZusammenhÀngen.
EineigenesGenre stellt die âAutobiographieâdar. Sie ist allerdingsnicht immer
eindeutig vonderBiographie abzugrenzen,wie auchdasKapitel ĂŒber Schauk-
als biographische und selbstbiographische Schriften zeigt. Um fĂŒr die beiden
Gattungeneine einheitlicheBezeichnungzuetablieren,wirdvor allem imang-
lophonen Kontext auf den Begriff âLifeWritingâ zurĂŒckgegriffen, der sich zum
TeilauchinderdeutschsprachigenBiographieforschungetablierthat. âLifeWri-
tingâ ist eine direkte Ăbertragung aus demAltgriechischen (bios und graphia)
undbezieht sichaufeineVielzahlauto-/biographischerGenresundGattungen,
aberauchaufMaterialienundEgo-Dokumentewie âTagebuchâ, âMemoirenâund
âBriefeâ. Der Begriff geht auf das 18. Jahrhundert zurĂŒck, doch hat Virginia
61 Zit. nachChristophGradmann:NurHelden inweiĂenKitteln?Anmerkungen zurmedizin-
historischenBiographik inDeutschland. In:Biographieschreiben,S. 243â284,hierS. 252.
62 Gradmann:NurHelden inweiĂenKitteln?S. 246.
63 Vgl.FalkoSchnicke:Begriffsgeschichte:BiographieundverwandteTermini. In:Handbuch
Biographie.Methoden,Traditionen,Theorien.Hg.vonChristianKlein.Stuttgart/Weimar2009,
S. 1â6. 1 Biographie:GattungundTheorieamBeispielRichardSchaukals 15
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Titel
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Autor
- Cornelius Mitterer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorien
- Weiteres Belletristik