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AustauschmitnahenBekanntenoder innerhalbeinerCliquebereitsvorhandenes
Wissen stärkt, Informationen also in denselben Bahnen zirkulieren und Netz-
werkesichsomitabschotten,eröffnendieschwachenVerbindungeneinbreiteres
(etwaberufliches)PotentialundlegendenWegfürneueInformationskanäleund
weitereNetzwerkeüberhaupterst frei.163EineuniplexeundschwacheVerbindung
bestand zwischenSchaukal undThomasMann,wienochnäher ausgeführtwird,
und sie war mitverantwortlich für die Themenwahl in den Briefwechseln sowie
letztlichauchfürdasEndedesKontaktes.
Das PhänomenderVorteile schwacher Beziehungen lässt sich auf die kul-
turelle Sphäre übertragen. Avantgardistische Strömungen entstanden erst
durch ihreweitreichendeVernetzung imgesamteuropäischenKontext. Zentren
derAvantgardeähnelten sich strukturell undwiesen inallerRegel eine „trans-
nationale, tendenziellmehrsprachigeIdentität“aufsowieeine„kulturell-künst-
lerische Mobilität ihrer Protagonistinnen und Protagonisten“,164 die zum
Großteil ineherschwachenRelationenzueinanderstanden.
SchaukalsKontaktpflegeberuhtemeist aufdemSchriftverkehr, auchwenn
dieAkteure inWien lebten. SeineVerbindungendeutenauf einedenweak ties
entsprechendeVernetzunghin.Somit ergibt sichdie zuprüfendeThese,obder
DichterdiePositioneinescutpointzwischenengvernetztenCliqueneingenom-
menhat. Die Rolle des cut point beschreibt Dorothea Jansen folgendermaßen:
„Er ist der typische Abweichler, Modernisierer und Innovateur, der Ideen aus
mehreren voneinander getrennten Kontexten zusammenfügt. [. . .] Er ist ein
Chamäleon,dasheutesoundmorgensoagiert.“165
2.2 Netzwerktheorie-ModellnachThomasSchweizer
DerEthnologeThomasSchweizererstellteausunterschiedlichenNetzwerktheo-
rien ein einheitlichesModell, das aus fünf ‚Bausteinen‘ besteht. Dabei schlägt
er für eine auch die zeitlichen Veränderungenmiteinbeziehende dynamische
Netzwerkanalyse zuerst die Umwelt zu einem bestimmten Zeitpunkt als Aus-
gangselement vor. Neben den ökologischen, physikalischen und demographi-
schenFaktorenzählendazukulturelle sowiezeittypischesozialeundpolitische
163 Vgl. Jansen:Einführung indieNetzwerkanalyse,S. 106–107.
164 Primus-HeinzKucher:EinleitendeBemerkungenzur ‚Moderne‘und ‚Avantgarde‘ inÖster-
reich. In:VerdrängteModerne–VergesseneAvantgarde.Diskurskonstellationen zwischenLi-
teratur, Theater, Kunst und Musik in Österreich 1918–1938. Hg. von Primus-Heinz Kucher.
Göttingen2016,S. 7–18,hierS.8.
165 Jansen:Einführung indieNetzwerkanalyse,S. 105–106.
44 Einleitung:WiderspruchsgeisteinesBeamtendichters
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Titel
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Autor
- Cornelius Mitterer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorien
- Weiteres Belletristik