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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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tief, längst in fremden Händen, da ich es mir zeigen ließ, auf der Höhe des Krautmarkts.“30 Die rückwärtsgewandteSentimentalität ist inSchaukalsBüchernaußerdem voneinerGestederMelancholiegetragen,dieFreudeheralsTrauerbezeichnen würde. In „Trauer undMelancholie“ (1917) unterteilt der Psychoanalytiker die beidenBegriffe in einen „Normaleffekt“ (Trauer) und seine „psychogene“Aus- differenzierung(Melancholie). Die Zusammenstellung vonMelancholie und Trauer erscheint durch dasGesamtbild der beidenZuständegerechtfertigt.AuchdieAnlässezubeidenausdenLebenseinwirkungen fallendort,wosieüberhauptdurchsichtig sind, zusammen.Trauer ist regelmäßigdieRe- aktionaufdenVerlust einergeliebtenPersonodereineran ihreStellegerücktenAbstrak- tionwieVaterland,Freiheit, ein Idealusw.UnterdennämlichenEinwirkungenzeigt sich beimanchenPersonen, diewir darumunter denVerdacht einer krankhaftenDisposition setzen,anStellederTrauereineMelancholie.31 Schaukal reagierteaufdenVerlust seinerverklärtenHeimatmitTrauerundbis- weilen auch mit polemischer Wut. Weil Trauer nicht die poetische Wirkung und ihrenkalkuliertenGestusumfasst,derSchaukals literarischeAuseinander- setzungmitdemVerlust seines ‚Vaterlands‘betrifft, könnte seineRetrophilie– in Anlehnung an Freud – als poetischeMelancholie bezeichnet werden, eine öffentlich verarbeitete wie selbstkonstitutiv wirkende Trauerarbeit. Freud ver- steht unter Melancholie die krankhafte Verstimmung, die zur „Herabsetzung desSelbstgefühls“ führt.32SchaukalspoetischeMelancholiedrücktesichhinge- gen–undandersalsFreudesanunterMelancholie leidendenPatientennach- weist– inFormvonVorwürfenundSchmähungengegendiePersonenaus,die er für denVerlust desObjekts seiner Sehnsucht verantwortlichmachte. In der editorischenVorbemerkungzu„TrauerundMelancholie“weisendieHerausge- ber der Freud’schen Studienausgabedarauf hin, dass Freuds zentrale Erkennt- nis in der „Darstellung des Vorgangs [liege], wie eine Objektbesetzung in der Melancholiedurcheine Identifizierungersetztwird.“33Die Identifizierung, also dieGleichsetzungmitdementschwundenenObjekt,diezuAutoaggressionund Melancholie führt, ist bei Schaukal zum Teil gegeben. Seine Objektbesetzung führte nachdemVerlust jedochnicht nachweislich zuSelbsthass, sondern zur 30 Schaukal:BeiträgezueinerSelbstdarstellung,S.5. 31 Sigmund Freud: Trauer undMelancholie. In: Freud: Studienausgabe. Bd. 3: Psychologie des Unbewußten. Hg. von Alexander Mitscherlich u.a. Frankfurt amMain 1975, S. 197–212, hierS. 197. 32 Freud:TrauerundMelancholie,S. 198. 33 Freud:TrauerundMelancholie,S. 196. 60 I PoseundSubjektivierung imLebenRichardSchaukals
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Titel
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Autor
Cornelius Mitterer
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Ort
Berlin
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
312
Kategorien
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