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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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den Dienst preußisch-nationaler Hegemonieansprüche stellte. Die zu dieser Zeit wachsende Zahl glorifizierender Berichte über militärische Heldentaten despreußischenAdels zeitigten, soScheuer, eineRückkehr zum „voraufkläre- rischenHerrschaftspersonalismus“.60Vor allembürgerlicheBiographen fielen im19. Jahrhunderthinter einbereitswährendderAufklärungetabliertesStan- desbewusstseindesBürgertums zurück. In dieser Zeit hattenHändler undGe- lehrte begonnen, ihre Lebensgeschichte niederschreiben zu lassen oder selbst zu verfassen. Heinrich von Treitschke (1834–1896), dessen Schriften auch in Schaukals Bibliothek zu finden sind, gehörte zu den führenden Apologeten preußischerVormachtstellung, under propagierte diese in seinenhistoriogra- phischen und biographischen Schriften. Treitschke stattete seine Herrscher- portraits einerseitsmit bürgerlichen Tugenden aus und verfasste andererseits Künstler-oderWissenschaftlerbiographien,diemiteinermonarchisch-militäri- schenIdeologie imprägniertwaren,umKunst,BildungundMilitärwesenineiner nationalpolitischenWeltanschauung zu verbinden.Noch 1930 stellt Kracauer in diesem Kontext fest, dass Künstlerbiographien gegenüber den Lebensbeschrei- bungen historischer Helden deutlich unterrepräsentiert seien.61 Heinrich von TreitschkeuntergrubdasEmanzipationsbestrebender 1848er-Erhebungennach- haltig und führte in seinen biographisch-historischen Essays die Entfaltung politischerMitbestimmungaufeinenvonderKronebegünstigtenSachverhaltzu- rück. Indem er sich einer dem Bürgertum nahestehenden Gattung bediente, unterminierte Treitschke das Freiheitsansinnen jenes Standes auf ihrem seit der Aufklärung angestammtem literarischen Feld. Seine Werke entpolitisieren den Freiheitsbegriff, verschieben ihn in einen abstrakten, nur mehr sittlich- philosophischen Geistesraum und unterbinden ein realpolitisches Bestreben. Treitschkes Lebensschilderungen sind zumTeil auchautobiographischunddie- nen der Verbreitung affirmativer Ansichten und staatstragender Ideale.62 Diese antidemokratischeEntwicklungderBiographie zumideologischenMediumwird vonScheuermitBlickaufdiedeutschenTeilstaatenanalysiert. FürÖsterreich ist ein ähnlicher Prozess anzunehmen,wie Schaukals Ideologie und seine Bücher- sammlung nahelegen. Staatswesen und Staatsformen, der kulturelle Einfluss und die politischeMitbestimmung, auf all diese im frühen 20. Jahrhundert be- sonders stark kulminierendenDebatten, die zu allmählicher Klassenkonsolidie- rung der Arbeiterschicht und Orientierungslosigkeit beim Bürgertum geführt 60 Scheuer:Biographie,S.63. 61 Vgl.Kracauer:DieBiographiealsneubürgerlicheKunstform,S.75. 62 Vgl.Scheuer:Biographie,S.65–69. 68 I PoseundSubjektivierung imLebenRichardSchaukals
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Titel
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Autor
Cornelius Mitterer
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Ort
Berlin
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
312
Kategorien
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