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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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UmwertungbĂŒrgerlicherKapitalvaliditĂ€tnachdemEndederMonarchie.DerPro- tagonistHubert verliert seinBeinaufgrundeinesStraßenbahnunglĂŒcks,nachdem er „vier Feldzugsjahre ohne erhebliche Verwundung“ ĂŒberstanden hatte.17 Nicht der Krieg, sondern Urbanisierung und gesellschaftspolitische UmwĂ€lzungen der Modernebringen ihn ‚untersRad‘. ZurĂŒckbleibt einvonPhantomschmerzbeglei- tetesSchamgefĂŒhl.Hubert fĂŒhlt sichnichtnurseinesgesellschaftlichenRangsbe- raubt, sondern auch in seinerMĂ€nnlichkeit herabgesetzt. Seine Familie „war auf dembestenWege gewesen vomWohlstand zur Ansehnlichkeit, man hĂ€ttewohl Reichtumsagenkönnen.DasalleshattenichtsosehrderKriegwiederderNieder- lage folgende tĂ€glich sich verschlimmerndewirtschaftlicheMißstand zerstört.“18 Wie schwer dieseKombination aus physischerDysbalance und sozialemAbstieg aufdenProtagonisten lastet,drĂŒcktSchaukal inderDiebstahlsszeneaus,eineNe- gativklimaxderErzĂ€hlung.DieHausmeisterinFrauNovakentwendetausdeman- gemieteten Garten Veilchen, weil Hubert mit seinem Bein auch die Aura der RespektabilitĂ€teingebĂŒĂŸthat. DieMotivederErzĂ€hlungsindeindeutigunduntermauernSchaukalsAbwehr- haltung gegenĂŒber dem aufstrebenden Arbeitermilieu, das im ‚Roten Wien‘ (1918–1934)vondenReformenimWohnungsbau, inderSozial-,Gesundheits-und inderBildungspolitikprofitierte.SchaukalsWelt lĂ€sst sichsowiedieseiner litera- rischen Figuren nach 1918 als zunehmend konflikttrĂ€chtiger Raum konturieren. Die ‚Aufstrebenden‘ und ‚Abweichler‘, die zumBeispiel in das Feld der Bildung vordringen,werden vonden ‚Etablierten‘unter Einsatz der ihnen zur VerfĂŒgung stehendenMitteldavonabgehalten. Mathias Siebenlist, ein anderer tragischer Protagonist aus der entgegenge- setzten sozialenHemisphĂ€re, gelingt in der gleichnamigenErzĂ€hlung ausdem Jahr 1907derVorstoß insuniversitĂ€reFeld.Dort kanner abernicht reĂŒssieren, daMathias bei allemTalentweder sozioökonomisch noch physiognomisch zu denKommilitonenpasstundvonihnenschließlichgeschasstwird: Gegen12Uhrmittagsversammeltesich imMittelstockdesder juridischenFakultĂ€tgewidme- tenGebĂ€udetraktesderUniversitĂ€t einekleineGesellschaft jungerLeute,die sichersichtlich bemĂŒhten, alsmit ausgesuchter Eleganz gekleidet zu gelten. Unter ihnennahmdenunbe- strittenerstenPlatzHerrvonSonntagein,derSohneinesehemaligenMinisters.SeineGroß- mutterwar eine GrĂ€fin von Traunberg gewesen, seine Schwester hatte denKĂ€mmerer und MilitĂ€rattachĂ©BaronFreinsteingeheiratet [...]. EbenalsdieGesellschaftwiegewöhnlicham BĂŒfett sichmit demTrinken spanischerWeineunddemVerspeisen vonbelegtenBrötchen auf ihredemonstrativeArt zerstreute [...], gingMathiasSiebenlist, einenRadmantelumdie 17 Schaukal: Die KrĂŒcke. In:WE. Bd. 4: ErzĂ€hlungen.MĂŒnchen/Wien 1966, S. 257–327, hier S. 260. 18 Schaukal:DieKrĂŒcke,S. 274. 86 II SchaukalsEinsatzmittel imSozialraum
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Titel
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Autor
Cornelius Mitterer
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Ort
Berlin
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
312
Kategorien
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