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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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Schaukal distanziert sichmit seinemGeschmacksurteil deutlicher vomBür- gertum als vomBauernstand und ist somit einer der „konservativen Ideologen der untergehenden Aristokratie“, die die Naivität der Prätention vorziehen.46 Seine Verachtung richtete sich gegen die kulturlose Lebensführung sowohl der Kleinbürger als auchdes prätentiösenGroßbürgertums, das sich „öde Prunkko- losse“ errichtenhat lassen,wie er inAnspielungaufdieBürgerpalaismoniert.47 Richard Schaukals an Fragen des Geschmacks angelehnte Generalabrechnung mitseinemeigenenStandliestsichfolgendermaßen: Es steckt mehr Kultur in einer in bescheidenemWohlstand lebenden Bauernschaft als in dem „gebildetenMittelstand“, der bei uns Deutschen die sogenannte öffentliche Meinung vorstellt undsoziemlich inallenFragenderSozialpolitik,Wissenschaft,KunstundReligion als sachverständiggilt.–Esklafft einAbgrundzwischendiesemMittelstandundder acker- bautreibendenEinwohnerschaftdesFlachlandes. IchsprechenichtvonsozialenDifferenzen, sonderneinzigundallein vonderKulturder Lebensführung.MeinTadel richtet sichandie breiteMasse der kleinenBesitzenden, die nachdes Tages gleichförmiger Bureau-, Kanzlei-, Ladenarbeit ihrgeistigesHeil inderZeitung, ihr leiblichesamStammtisch, ihrgesellschaftli- ches intrübseligemVereinslebensieht.DieseKlasselebt inästhetischerÖde.48 In einer künstlerisch, städtebaulich, politisch und technisch pulsierendenMe- tropolewieWien, inder sichauchdie sozioökonomischeSchere zuBeginndes 20. Jahrhunderts immerweiteröffnete,herrschte einKlimabesondererSensibi- lisierung für dieWirkmacht der symbolischenOrdnung. Daher ist es auch be- zeichnend,dass sichdieErrichtungdes sogenanntenLoos-Hausesvis-à-visder HofburgzumPolitikumauswuchs. Was damalswie heute die Leser von Schaukals Texten– je nach eigenem Habitus undGeschmack–befremdet oder begeistert habendürfte, ist das von Bourdieu dargelegte Ineinandergreifen und produktive Antizipieren vonWerk und Leben, auf das mit Rückgriff auf Peter-André Alt bereits hingewiesen wurde. Bourdieu erläutert am Beispiel der „Arbeitsmoral eines alten Kunst- tischlers“, wie opus operatum (das er- oder bearbeiteteWerk) undmodus ope- randi (dieArt desEr-undBearbeitens) einanderbedingen.Das eine findet sich imanderenwieder unddrückt insgesamtdes Tischlers „Weltbildwie seineArt undWeise,mitseinenFinanzen,seinerZeitundseinemKörperzuwirtschaften, seineVerwendungderSprachewieseineKleidervorliebe“aus.49 ImWerksteckt also, so der Umkehrschluss vom handwerklich gearbeiteten Möbelstück zum 46 Bourdieu:Die feinenUnterschiede,S. 115. 47 Schaukal:VomGeschmack,S.27. 48 Schaukal:VomGeschmack,S.30. 49 Bourdieu:Die feinenUnterschiede,S. 283. 92 II SchaukalsEinsatzmittel imSozialraum
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Titel
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Autor
Cornelius Mitterer
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Ort
Berlin
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
312
Kategorien
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