Seite - 94 - in Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Bild der Seite - 94 -
Text der Seite - 94 -
III Schaukal inNetzwerkenundFeldern
derModerne
1 VerlagsstrukturenundVerlagsnetzwerke
Richard Schaukals dichterische Tätigkeit fällt in eine Zeit tiefgreifender druck-
technischer Neuerungen, die Mitte des 19. Jahrhunderts eingesetzt hatten. Die
Industrialisierung der Druckverfahren setzte sich bis zur Jahrhundertwende in
ganzÖsterreich-Ungarndurch.AufgrunddersteigendenNachfragebeigleichzei-
tigem Preisdruck nahm die Materialqualität der massenhaft produzierten Zeit-
schriften und Bücher – meist Kolportageromane mit geringem literarischem
Anspruch– zunächstab.Verlage reagiertenaufdiewachsendeÖkonomisierung
von Literatur mit einem stärkeren Fokus auf die Gestaltung der Druckerzeug-
nisse. So wurden beispielsweise schmückende Jugendstilelemente verwendet,
umdenVerkaufanzukurbelnundumdas Imageeineshochwertigen,modernen
Verlagshauseszuunterstreichen.1
Schaukals Affinität für Themen der Dekoration und seine technischen
Kenntnisse spiegeln sichnichtnur inden zahlreichenEssaysüberWohnraum-
gestaltungundstädtischeArchitekturwider, sondernauch in seinenBeiträgen
über den Buchschmuck. Das Buch als technisches Produkt müsse ein Kunst-
werkbleibenunddürfenichtzumMassenartikeldegradiertwerden,soseinean
Walter Benjamins Kunstwerkaufsatz erinnernde Argumentation.2 In der Funk-
tionalsSektionsrat (seit 1909) lernteSchaukaldie technischenProduktionspro-
zesse des Buchdrucks aus unmittelbarer Nähe kennen. Der Essayist schöpfte
seine theoretischewiepraktischeExpertisealsoauchausdemberuflichenUm-
feld, wie ein kurzer Zeitungsartikel über seinen Besuch in der Graphischen
Lehr- undVersuchsanstalt belegt. SchaukalwarMitglied einer Delegation des
Arbeitsministers Karl Marek (1850–1936 oder 1937), die sich vor Ort moderne
Druckmethodenvorführen ließ.3
Auf den gestalterischen Schwerpunkt junger Verlage deutet auch Schaukals
1897 bei Fischer und Franke in Berlin herausgegebene Lyrik-AnthologieHeinrich
1 Vgl. Bachleitner/Eybl/Fischer:GeschichtedesBuchhandels inÖsterreich, S. 211. Sieheauch
Georg Müller: Einiges über Buchausstattung. In: Sein Dämonwar das Buch. Der Münchner
VerlegerGeorgMüller.Hg.vonEvavonFreedenundRainerSchmitz.München2003,S. 25–28.
2 Vgl. Schaukal: Das Buch. In: Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung, Nr. 1/1904
(2. Januar1904),S. 1–2,hierS. 1.
3 Vgl. [Anon.]: Graphische Lehr- undVersuchsanstalt inWien. In: Österreichisch-Ungarische
Buchdrucker-Zeitung,39. Jg,Nr.43 (26.Oktober 1911),S. 528.
OpenAccess.©2020CorneliusMitterer,publiziert vonDeGruyter. DiesesWerk ist
lizenziertunterderCreativeCommonsAttribution4.0Lizenz.
https://doi.org/10.1515/9783110619744-004
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Titel
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Autor
- Cornelius Mitterer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorien
- Weiteres Belletristik