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Sachegarnichtzukümmern,wennSiesich längerenÄrgerersparenwollen“, ver-
mutlichwerdeerdieManuskriptenichtmehrwiedersehen,soBlei.27
Auffallend ist der schon im Konflikt mit dem Leipziger Verleger Seemann
wahrnehmbare fatalistische Grundton, der mit dem eklatanten Mangel an
Rechtsschutz für Künstlerinnen und Künstler zu begründen ist. Erst zu Beginn
des20. Jahrhundertssolltedieser festgeschriebenwerden.AuchwennSchaukals
Kontakte inMünchen nicht in allen Belangen zu seinenGunsten intervenieren
konnten, profitierte er doch von deren Verbindungenmit den dort ansässigen
Institutionen und Akteuren des literarischen Feldes. Zwar blieben Thomas
Manns Vermittlungsversuche bei der Zeitschrift Jugend sowie seine Fürsprache
bei Samuel Fischer, Albert Langen (1869–1909) und bei Oscar Bie (1864–1938)
wegeneinerPublikation inderNeuenDeutschenRundschauerfolglos,28anderer-
seits empfahl er Schaukal Verlagshäuser, die besser zu ihm passen würden,
etwa denWiener Verlag, Seemann und vor allem Diederichs.29 Möglich, dass
Schaukal aufgrund dieser Empfehlungen Kontakt zu den genannten Verlagen
aufnahm, vondenen lediglichDiederichs einePublikation ablehnte. Zudemge-
wann er in ThomasMann einen Fürsprecher bei ReinholdGeheeb (1872–1939),
demChefredakteurdervonAlbertLangen1896gegründetenZeitschriftSimplicis-
simusund–wieMann– redaktionellerMitarbeiter imLangen-Verlag.
Zur gleichen Zeit bemühte sich Schaukal darum, denKontakt zuHeinrich
Mann für die Verbreitung seines dramatischen Schaffens inMünchen zu nut-
zen. Dieser war von denWerken des österreichischen Schriftstellers zunächst
angetanundbekundetehalb ironisch, halbanerkennend: „LieberHerrDoktor,
man muß Ihnen, glaube ich, gratulieren, denn Sie scheinen in München in
Modezukommen.“30
HeinrichMann verfügte als Vorstandsmitglied derMünchner Dramatischen
Gesellschaft über Einfluss, den er jedoch für die Vermittlung Schaukals beim
AkademischenDramatischenVereinnicht geltendmachenkonnte. Der Theater-
verein hatte sich in der Szene einenNamen gemacht, da er in unregelmäßigen
27 Zit.nachGirardi (Hg.):ThomasMann:BriefeanRichardSchaukal,S. 127.Henrysollte 1906
in Wien das Kabarett Nachtlicht eröffnen. Aufgrund einer negativen Äußerung verprügelte
Henry Karl Kraus; vgl. Ludwig Greve undWerner Volke: Jugend inWien. Literatur um 1900.
Ausst.-Kat.,MarbachamNeckar1987,S.383.
28 Vgl. Girardi (Hg.): ThomasMann: Briefe an Richard Schaukal, S. 29–30 (2. Oktober 1901,
TMSch 5) sowie S. 86 undS. 88 (5. Januar 1904, TMSch 54 und 13. Februar 1904, TMSch 56).
SieheauchdieerhaltenenAbsagenvonBie imSchaukal-NachlassderWienbibliothek(6.Okto-
ber 1899, 11. Januar 1901undeineohneDatum).
29 Vgl. die BriefeManns an Schaukal vom 17. und 28. April 1902, in: Girardi (Hg.): Thomas
Mann:BriefeanRichardSchaukal,S.42–44(TMSch17und18).
30 BriefHeinrichMannsanSchaukal, 25.Mai 1902,S-NL,WB.
1 VerlagsstrukturenundVerlagsnetzwerke 101
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Titel
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Autor
- Cornelius Mitterer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorien
- Weiteres Belletristik