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Unter dem Pseudonym ‚Karlchen‘ bezieht sich 1904 ein Autor der Zeit-
schrift dezidiert auf zwei KronzeugendesAntihistorismus: auf StefanGeorge
undRichardSchaukal.DasStilempfindendesVerfassers sei andiesenbeiden
geschult, deshalb könne er auch den „mittelmäßigen Poeten und schlechten
Historikern“ nichts abgewinnen, so ‚Karlchen‘. Die Rede ist hier – und das
dürfteSchaukalgeschmeichelthaben–vonFriedrichSchiller.114
KunstundLebenkamengemäßder ästhetischenLinieum1900säuberlich
getrennt voneinander zur Sprache. „Die ‚Jugend‘ ist somit als Publikation zu
beschreiben, die avantgardistisch ist, ohne doch agitatorisch zu sein.“115 Ab
1914häuftensichBeiträge,die inpatriotischerDiktiondenKriegbefürworteten.
Zwar konntedie Jugend in den 1920er Jahrenunter derÄgidedes Schriftleiters
Franz Schoenberner (1892–1970) andie avantgardistischenAnsprücheder frü-
hen Zeit anknüpfen, doch zugleich sank die Auflagenzahl erheblich. In den
1930er Jahren fiel sie derGleichschaltung zumOpfer, ehe sie 1940ganz einge-
stellt und ihr verantwortlicher RedakteurArnoldWeiss-Rüthel (1900–1949) ins
KonzentrationslagerSachsenhausendeportiertwurde.116
Während Jugend in den ersten fünf Jahren ihres Bestehens keinerlei Notiz
vonSchaukalnahm, führtedie vonVogeler gestalteteVeröffentlichungvonPi-
errot und Colombine im Jahr 1902 erstmals zu einer Nennung seines Namens.
Dabei offenbarte das Blatt seine satirisch-kritische Schärfe, die sich gegen die
prätentiöse Aufmachung des Buches richtete. Unter dem Titel „Kaviar fürs
Volk“wurdeSchaukals„schwindsüchtigesBändchen“alsebenso„naiv“wie in
seiner luftigen Gestaltung anmaßend bezeichnet.117 Schaukal entgegnete dem
VorwurfderAusstattungAnfang1904 inderWienerZeitung:„[M]ansparenicht
mit weißen Blättern (drucke nicht – scheußlicher Mißbrauch – auf die letzte
SeiteAnzeigen); siesindSchmuckundSchutzzugleich.“118
Zwischen 1905 und 1909 lieferte Schaukal 16 Beiträge für die Zeitschrift
Jugend, im längeren Zeitraum der Jahre 1929 bis 1937 waren es lediglich vier.
Allein 1907 erschienenneunTexte, darunter imerstenHeft des Jahres einVor-
abdruck in Auszügen vonAndreas von Balthesser. Das letzte in Jugend veröf-
fentlichte Gedicht trägt den Titel „Sternennacht“ und stellt eine entrückte
Erfolgsreflexiondes lyrischenIchsdar:
114 Karlchen:Liebe Jugend! In: Jugend,9. Jg.,H.37 (8.September1904),S. 757.
115 [Anon.]: Über die Zeitschrift Jugend. http://www.jugend-wochenschrift.de/index.php?id=
21 (zuletztaufgerufenam31. Juli 2019).
116 Vgl. [Anon.]:ÜberdieZeitschrift Jugend.
117 [Anon.]:Kaviar fürsVolk. In: Jugend,7. Jg.,H. 22 (27.Mai 1902),S.368.
118 Schaukal:DasBuch,S. 1. 2 PublizistischeNetzwerke 121
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Titel
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Autor
- Cornelius Mitterer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorien
- Weiteres Belletristik