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Österreichisch-sowjetische Kulturkontakte 1918/38 49
Samuil Fejnberg. Die Staatspolizei brachte diesmal keine schwerwiegenden Ein-
wände vor.81 Künstlerisch sollte es ein voller Erfolg werden: Der 23-jährige Flier
gewann in der Kategorie Klavier vor seinem Landsmann Gilel’s.82
Die österreichspezifische VOKS-Arbeit beschränkte sich zu dieser Zeit
jedoch nur noch auf den Kontakt mit einzelnen Personen, allen voran mit der
Kunsthistorikerin Fannina Halle, die 1934/35 für ihr Buch Frauen des Ostens83
in der UdSSR recherchierte. Die VOKS versuchte Halles Arbeit zu kontrollieren,
befürchtete „östliche Exotik“ und eine Ausrichtung der Publikation nach bür-
gerlichem Geschmack, und tauschte deshalb sogar einige Fotos in den Unter-
lagen Halles aus.84 In Wien ließ die sowjetische Gesandtschaft dem Prähistoriker
Franz Hančar und Joseph Gregor, dem Leiter der Theatersammlung der Öster-
reichischen Nationalbibliothek (ÖNB), Materialien zukommen.85
Ausgerechnet in der Zeit des ,Ständestaates‘ hätte die ÖNB der UdSSR die
Möglichkeit eröffnet, sich an ihrer repräsentativen Ausstellung über die Inter-
nationale Theaterkunst im Herbst 1936 zu beteiligen. Eine eigene Abteilung
sollte sich den wichtigsten sowjetischen Bühnen (Stanislavskij, Mejerchol’d, Tai-
rov, Vachtangov) und Künstlern widmen. Anfang Mai 1936 lud die ÖNB die
UdSSR über die VOKS ein, bis 20. Juni Exponate auf Kosten der Veranstalter
nach Wien zu schicken. Trotz Fristverlängerungen und einer Vorsprache von
Heinrich Pacher, dem Gesandten in Moskau, im NKID übermittelte die VOKS
Absagen und begründete diese mit der kurzen Vorbereitungszeit. Sie wies
dabei auf die Vielfalt des sowjetischen Theaters im Vielvölkerstaat, die es dar-
zustellen gelte, hin.86 Die inhaltliche Reduktion auf die – politisch nicht mehr
81 Vgl. AT-OeStA/AdR AAng BKA-AA NPA: Liasse Österreich 33/55, Zl. 37.631–
13/1936, Übersetzung des Schreibens des NKID vom 21.4.1936; ebd., Einsichtsver-
merk G.D.-330361-St.B., 15.5.1936.
82 Vgl. N.N.: Schlußkonzert der Preisträger aus dem Internationalen Bewerb. In:
Neuig-
keits-Weltblatt (21.6.1936), S.
28f.; Emil Gilels Foundation, Archiv:
3. Internationaler
Wettberwerb für Gesang und Klavier. Urkunde, Wien 1936. Online unter: http://
archiv.emilgilelsfoundation.net/dokumente/?category=decade&id=1930 (letzter
Zugriff: 20.7.2016).
83 Fannina W. Halle:
Frauen des Ostens. Vom Matriarchat bis zu den Fliegerinnen von
Baku. Zürich:
Europa-Verlag 1938.
84 Vgl. GARF R-5283/1a/267, 12–13: VOKS an Nekundė, 26.2.1935.
85 Vgl. GARF R-5283/6/1063, 3: Arbeitsplan für Österreich für 1935.
86 Vgl. GARF R-5283/6/1076, 12:
Brief der Gesellschaft der Freunde der ÖNB, 7.5.1936;
ebd., 3: Verbalnote des Gesandten Pacher, 23.5.1936; ebd. 10: VOKS an die Gesell-
schaft der Freunde der ÖNB, 26.5.1936; ebd., 4: Brief der Gesellschaft der Freunde
der ÖNB, 9.6.1936; ebd., 1:
VOKS an die Gesellschaft der Freunde der ÖNB, 5.8.1936.
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Titel
- Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
- Untertitel
- Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Autor
- Primus-Heinz Kucher
- Herausgeber
- Rebecca Unterberger
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-631-78199-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 466
- Kategorie
- Kunst und Kultur