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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Alexander W. Belobratow58 und deren „moralische Verfassung“25 lobend erwähnt. Auch die von Roth regist- rierte Reisefreiheit „innerhalb des Sowjetgebiets“, wo man angeblich „überhaupt ohne Papiere“ fahren könne, verleitet ihn zu einem Vergleich mit dem Westen, der letztlich zugunsten des bolschewistischen Landes ausfällt:  „So hat sich die Welt geändert. Der Paß, ehemals eine russische Spezialität, ist ein Reise- und Kulturdokument des ‚freien Westens‘ geworden“.26 Laut Roth ist „die Rote Armee […] keine Freibeuterschar, sondern eine Armee. Eine antimilitaristische Armee! O Witz der Weltgeschichte! Kreuzritter des Zwanzigsten Jahrhunderts. Kreuz- ritter des Sozialismus.“27 Roth reagiert prompt auch auf die antisemitische Problematik, die einerseits in der Beschreibung von Gräueltaten der polnischen Armee gegenüber der jüdi- schen Bevölkerung ihren Ausdruck findet, andererseits in der Darstellung einer angeblich vom Autor selbst erlebten Szene kulminiert, in der die Rote Armee in einem positiven Licht dargestellt wird: Man traut seinen Augen nicht:  Ein polnischer Jude redet auf einen Kosaken ein. Der Jude möchte gern einen Ledergurt kaufen, und der Kosak  – weder verkauft er, noch zieht er eine Nagaika  – sondern er lächelt, lächelt:  Njet, batjuschka, njet … /Nein, Väterchen, nein/. Der Antisemitismus ist offiziell nicht vorhanden. Antisemitische Auslassungen, Diskus- sionen, Streitigkeiten sind strafbar.28 In der Sammelrezension „Bücher der Revolution“, verfasst in Berlin am 10.8.1920, schreibt Roth über Viktor Panins Roman Die schwere Stunde:  „Dieses Russenbuch muss man gelesen haben, um Rußland, das neue, kennenzulernen. Es ist die neue russische Kunst“.29 25 Joseph Roth:  Die Rote Armee. In:  ders.:  Werke. Bd.  1:  Das journalistische Werk 1915– 1923. Hg. v.  Klaus Westermann. Köln:  Kiepenheuer & Witsch 1989, S.  315–322, zit. S.  318. 26 Ebd. 27 Ebd., S.  316. 28 Ebd., S.  318. Bei Isaak Babel, der den Feldzug der Roten Armee mitgemacht hat, stellt sich die Situation realistischer dar, sichtbar z.B.  in einer Eintragung in sein Tagebuch, als er in Brody mit einem einheimischen Juden ins Gespräch kommt:  „Kondjesch, der Schames, ein bärtiger und gesprächiger Jude […][,] erzählt von der Plünderung der Stadt durch die Kosaken, von den Demütigungen, die ihnen die Polen angetan haben“ (Isaak Babel:  Tagebuch 1920. Hg. von Peter Urban. Berlin:  Friedenauer Presse 1990, S.  77). 29 Joseph Roth:  Bücher der Revolution. In:  ders.:  Werke 1, S.  327–329, zit. S.  329.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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