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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Russlandbilder bei Weiß, Musil, Lania und Rundt 69 Weit stärkere Präsenz als die Revolutionsthematik hatte im Theaterbetrieb seit Ende des Krieges jedoch ein Autor, der neben Tschechow die klassische Moderne mitverkörperte, nämlich Lev Tolstoj. Insbesondere sein Stück Der lebende Leichnam findet sich mehrmals im Repertoire aller bedeutenden Bühnen Wiens bis Mitte-Ende der 1920er Jahre und folglich auch in Anzeigen, Bespre- chungen oder essayistischen Texten zum russischen Theater. Dessen erste Auf- führung fand schon am 15.4.1918 in der Volksbühne statt; eine Rückschau der Neuen Wiener Bühne auf das Spieljahr 1918/19 verzeichnet ebenfalls zwei Tol- stoj-Stücke im Repertoire, das heißt neben Der lebende Leichnam die deutsche Erstaufführung von Und das Licht leuchtete in der Finsternis.13 Das Burgtheater nahm den Lebenden Leichnam dann im Jänner 1920 in sein Programm auf, das Deutsche Volkstheater im Juni und September 1922; im Rahmen von Vorträgen der sozialdemokratischen Arbeiterbildung, oft im Verbund mit dem Bildungsre- ferat der Volkswehr, sind zudem zahlreiche Tolstoj-, aber auch Gor‘kij-Vorträge nachweisbar. Maksim Gor’kij galt auch in der Roten Fahne Anfang der 1920er Jahre beträchtliche Aufmerksamkeit.14 2 Musils Revolutionstagebuch und Theaterkritik Von Robert Musil wissen wir aus den Tagebüchern und seinen Kontakten mit Robert Müller, Verfasser der programmatischen Schrift Bolschewik und Gent- leman (1920), dass die Veränderungen in Russland seit 1918 immer wieder in den Fokus seiner Recherchen gerieten und als Steinbruch für Reflexionen und Skizzen, auch literarischer Natur, dienten. Insbesondere Musils Tagebücher aus den Jahren 1918–23 bieten interessante Anmerkungen unter dem wiederkeh- renden Stichwort „Bolschewismus“ („Rußland“ taucht dagegen selten auf). In einem undatierten Eintrag des ersten Tagebuchheftes wird zum Beispiel in gro- ben Umrissen das  – unausgeführt gebliebene  – Projekt Der Teufel skizziert, in dem die Hauptfigur, ein anarchisch denkender Theologe, unter anderem auch im Hinblick auf seine überraschende Haltung in ideologischer Hinsicht vorge- stellt wird, nämlich als Figur, die „vom religiösen Standpunkt gar nichts gegen den Bolschewismus einzuwenden“ habe.15 13 Vgl. dazu:  N.N.:  [o.T.]. In:  Illustriertes Oesterreichisches Journal (1.8.1919), S.  3. 14 In der Arbeiter-Zeitung sind zwischen 1920 und 1925 etwa 160 Tolstoj-Einträge gemäß dem ANNO-Suchprogramm abrufbar, zu Gor’kij in allen Zeitungen bis 1927  über 700. 15 Robert Musil:  Tagebücher. Hg. von Adolf Frisé. Reinbek:  Rowohlt 1976, Bd.  1, Heft 1, S.  319.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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