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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Jürgen Egyptien90 politisches Ereignis, sondern „ein geistiges Ereignis von welthistorischer Bedeu- tung“27 sei. Diese Dimension sei noch nicht genügend wahrgenommen worden; einzig der Kulturhistoriker René Fülöp-Miller habe sich in seinem materialrei- chen Buch Geist und Gestalt des Bolschewismus dieser Aufgabe gestellt und ver- sucht, die neue Lebensform zu begreifen, die aus der Revolution resultiert sei. Laut Fischer habe er sie in der „Entpersönlichung des Menschen“ [WRG  500] sowie im „Triumph der Maschine über die Seele“ entdeckt und seinen Befund, „dass die neue Lebensform europäischem Wesen vollkommen fremd sei“ [WRG  499], als Warnung präsentiert. Fischer geht es darum zu zeigen, dass die neue Lebensform bestimmten historischen Voraussetzungen entspringt. Er vertritt die These, dass eine mate- rialistische Geschichtsschreibung zunächst die extreme Dauer des russischen Feudalismus zum Ausgangspunkt nehmen müsse. Das Fehlen einer bürgerli- chen Opposition habe die Intellektuellen dazu gezwungen, sich entweder einer mystischen Romantik oder einem pessimistischen Nihilismus hinzugeben. Dazu seien Fёdor Dostoevskijs „Glauben an eine religiöse Sendung“ [WRG  500] und Lev Tolstojs „Evangelium der Gewaltlosigkeit“ [WRG  501] gekommen. In diese geistige Situation sei die Revolution mit explosiver Gewalt eingebrochen und habe sich der Aufgabe gestellt, die gesellschaftliche Entwicklung zu forcieren. Fischer sieht hierin den Grund für die ‚Vergötterung‘ der USA seitens der russi- schen Revolutionäre. Wer in Rußland an den Erfolg der Revolution glaubte, mußte voll Inbrunst an neue technische und ökonomische Formen glauben […]. Das Bekenntnis zu Amerika, es war das Bekenntnis zu den Voraussetzungen der Sozialisierung, die man in übermensch- licher Arbeit der Geschichte abtrotzen wollte. [WRG  501] Dieser hohe Stellenwert der Technik spielt denn auch in Fischers auf diese Einlei- tung folgender Besprechung aktueller sowjetischer Literatur eine entscheidende Rolle. Fischer zeigt an Fёdor Gladkovs Roman Zement das Ineinandergreifen von sozialistischer Gesinnung und Hinwendung zur Technik. Erst die Wieder- inbetriebnahme der Zementfabrik durch die Arbeiter löse die privaten, politi- schen und sozialen Probleme der Figuren. Der Roman wird als „der Hymnus der Arbeit, der Hymnus der Revolution“ [WRG  504] gewertet, in dem sich „das leidenschaftliche Bekenntnis zu der Wandlung des Lebens, zu der Wandlung des Geistes in Rußland“ manifestiere. Fischers weitere Beispieltexte von Vikentij 27 Ders.:  Wandlung des russischen Geistes. In:  Der Kampf, H.  11/1927, S.  499–507, hier S.  499. Im Folgenden im Fließtext unter Angabe der Sigle [WRG] samt Seitenzahl nachgewiesen.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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