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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Rebecca Unterberger102 Presse erschienen waren, hatte der Amerikaner selbst sich aber durchaus angetan von Russland, namentlich von einer  – in seiner Wahrnehmung  – allenthalben ausmachbaren neuen, sehr bürgerlich anmutenden Behaglichkeit gezeigt, etwa in einem Interview mit Ann Tizia Leitich: „Wenn ich nicht Amerika verfallen wäre, so würde ich unbedingt nur in Moskau leben; der malerische Charakter der Stadt […] ist ungeheuer stimulierend. Rußland hat die größte Zukunft vor sich, es ist heute ungefähr in dem Status, in dem unser Westen 1849 war […].“ „Ist es richtig, […] daß in manchen Gebieten Rußlands Hungersnot herrscht?“ „Absolutely not. Es ist genug zu essen da, und wer keine Arbeit findet, bekommt 15 Rubel monatlich.“ „Und wie wirkt sich der Kommunismus in den Menschen aus?“ „Jeder arbeitet, aber es gibt keine Konkurrenz […]. Es ist eine neue Situation, die natür- lich viel mehr der Entwicklung von innerer Kultur zuträglich ist als unser amerikani- sches Leben. […]“ „Ist keine Gefahr vorhanden, daß die Maschine Rußland mechanisiert?“ „Nein, weil man nur immer hofft, durch die Maschine mehr Zeit zum Nachdenken zu erzielen, während man in Amerika daraus Geld und Vergnügen zu gewinnen hofft.“21 Stimulierendes (Stadt-)Leben, kommende Zukunft, kein Hunger, dafür soziale Absicherung der Arbeitslosen, kein inhumaner (kapitalistischer) Konkurrenz- kampf auf Kosten ‚innerer Kultur‘ und ein ‚vernünftiges‘ Visavis zur Maschi- nisierung:  Etwaige Schattenseiten blieben hier ausgespart, obgleich Dreiser in seinen Reiseessays den Blick sehr wohl auf Problematisches, Prekäres gelenkt hatte. Die erste Folge trug den symptomatischen Titel „Das Land der Gegen- sätze“, in dem armselige Bauernhütten neben staatlichen Musterlandwirtschaf- ten fortexistieren.22 Dreiser wies auf die „Propagandasintflut“ zum Zwecke der „Einimpfung“ antikapitalistischer Ideen, auf Spionage und Zensur, auf hohe Preise und niedrige Löhne, auf Warenmangel hin  – und darauf, dass die „Dik- tatur des Proletariats“ realiter „eine Diktatur der kommunistischen Partei“ sei.23 Im Vergleich zu den USA erscheine dieses Land „natürlich grauenhaft, ja hoff- nungslos“; nichtsdestotrotz faszinierte Dreiser die „Willensstärke“ der Russen im 21 Ann Tizia Leitich:  Gespräche mit berühmten amerikanischen Schriftstellern. In:  NFP (8.4.1928), S.  40f. 22 Theodore Dreiser:  Das Land der Gegensätze. In:  NFP (21.3.1928), S.  2f. 23 Vgl. ders.:  Kommunistenpropaganda in Sowjetrußland. In:  NFP (23.3.1928), S.  2; ders.:  Spionage und Zensur in Sowjetrußland. In:  NFP (24.3.1928), S.  2; ders.:  Wie die Sowjets die öffentliche Meinung machen. In:  NFP (25.3.1928), S.  2f.; ders.:  Kom- munistenerziehung in Rußland. In:  Neue Freie Presse (27.3.1928), S.  1f.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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