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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Rebecca Unterberger106 Vormachtstellung der beiden Neuwelten belegen, werden John Dos Passos’ Roman Manhattan Transfer und Gladkovs Zement genannt.40 Mit Zement hat sich Fischer bereits 1927 für die sozialdemokratische Zeit- schrift Der Kampf befasst  – als idealtypischem Beispiel für eine vom „Geist des Bolschewismus“ affizierte Literatur, für die nicht länger individuelle Schick- sale resp. ein „Ewigkeitswert“, sondern „Aktualität und politische Wirkung“  – eben:  Tendenz und Propaganda  – zentral stehen, obgleich Gladkov „sachlich und objektiv“ auch „Schwächen und Mängel der bolschewistischen Gesellschaft“ schildere. Der Roman, durchströmt von einem „unromantische[n] Wille[n] zur Lebensgestaltung“, erscheine nur dem „unrussisch“, der lediglich die „Dichter des Zarenreiches“ als „russisch“ gelten lasse:  „Das ist nicht mehr die ‚russische Seele‘, die man wie eine rätselhafte Gottheit verehrte“, nicht mehr jener „Schatten Dostojewskis“, der vielen Europäern „als der Inbegriff des ‚Russentums‘ (einer unveränderlichen und undefinierbaren Substanz) gilt“.41 Mit „Wandlung des russischen Geistes“ hat Fischer seinen Essay überschrie- ben:  Der neue russische „Geist“ erschöpfe sich nicht länger in einem „senti- mental-romantischen“ Russentum nach Dostoevskij’scher Fasson, das sich so gar nicht in Übereinstimmung mit revolutionärem „Terror“ bringen lasse;42 an der Persistenz dieser Mirages haben vergleichbar auch Fritz Rosenfeld und Paul Hatvani Anstoß genommen.43 Der aus der literarischen Tradition gespeis- ten Fama der (alt-)russischen „Seele“ hält Fischer einen nachrevolutionären „Geist“ entgegen, den nicht länger „Trägheit, Schwermut und Passivität“ kenn- zeichnen  – sondern vor allem auch ein „Bekenntnis“ zum „kapitalistische[n] , mechanistische[n] Amerika“, zu Elektrifizierung, Taylorismus und Technik. Das versteht Fischer  – wie vor ihm bereits der für die österreichische Sozialdemokra- tie maßgebende Politiker (und Theoretiker) Otto Bauer44  – als nachvollziehbare 40 Ernst Fischer:  Geist des Amerikanertums. In:  AZ (15.1.1928), S.  17. Zu Fischer vgl. auch den Beitrag von J.  Egyptien. 41 Ders.:  Wandlung des russischen Geistes. In:  Der Kampf, Nr.  11/1927, S.  499–507. Vgl. auch:  Paul Wertheimer:  „Zement.“ In:  NFP (10.6.1928), S.  28f.; Grete Ujhely:  „Zement“, oder:  Der Leidensroman des neuen Russland. In:  Der Tag (15.1.1928), S.  21; Leo Lania:  Maschine und Dichtung. In:  AZ (22.10.1927), S.  3f. 42 Ernst Fischer:  Wandlung des russischen Geistes. In:  Der Kampf, Nr.  11/1927, S.  499–507. 43 Vgl. Fritz Rosenfeld:  Russische Erzähler. In:  Bildungsarbeit, H.  12/1922, S.  94f.; Paul Hatvani:  Der russische Mensch. In:  Die Waage, Nr.  10/1923, S.  296–300. 44 Vgl. Otto Bauer:  Der „neue Kurs“ in Sowjetrußland. Wien:  Verlag der Wiener Volks- buchhandlung 1921, S.  31–36. Angesichts des „Chaos im Osten“ empfahl Bauer 1919 zudem, den Blick auf die „angelsächsischen Ländern“ zu richten, „in denen sich die Demokratisierung und Sozialisierung ohne Bürgerkrieg, unter dem bloßen Drucke
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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