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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Rebecca Unterberger110 an sozialistischer Revolution. Im Roten Wien war eine solche Positionierung transparent nicht nur für antisozialistische Ressentiments, sondern auch für ein kritisches Visavis zur österreichischen Sozialdemokratie.57 Ihr philo-amerikan(ist)isches Credo von 1925 formulierte Leitich in Reaktion auf den Essay „Die Monotonisierung der Welt“, in dem Stefan Zweig der von den USA überschwappenden „Welle der Einförmigkeit“ als Pendant den zudem von Russland herandrängenden „Willen zur Monotonie“ und „Uniformität“ an die Seite gestellt hatte; bedrängt von beiden liege Europa in der Mitte als letztes „Bollwerk“ des Individualismus.58 Dieses Schema legte auch Franz Werfel sei- nem „flammenden Aufruf“ Realismus und Innerlichkeit (1931) zugrunde. Hatte Werfel unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs dem „kapitalistischen“ Kunst-Betrieb die Sowjetkultur noch als Modell entgegengestellt,59 definierte er „Amerika und Rußland“ nunmehr als die beiden für Europa „tödlichen Zangen- kiefer“, aus deren „radikal-realistische[m] Lebensgefühl“ die Tendenz resultiere, „individuelle[s] Bewußtsein […] durch ein leichtlenkbares Kollektivbewußtsein zu ersetzen“.60 Unter dem Eindruck von „Amerikanismus“ und „Bolschewismus“ als „Verkörperungen desselben materialistischen Nihilismus“ fand Egon Friedell gleichfalls 1931 in seiner Kulturgeschichte der Neuzeit zu einer ähnlich alarmie- renden Diagnose:  „Amerikanisch und bolschewistisch ist die Ausschaltung der Seele aus den sozialen Beziehungen, die infernalische Devise ‚Zeit ist Geld‘ […] und die restlose Mechanisierung der Arbeit“.61 Während Friedell noch keine Prognose zu wagen mochte, welches der bei- den Systeme künftig reüssieren werde, entwarf Richard Coudenhove-Kalergi 1931 in der Broschüre Stalin & Co. eine weit ausgreifende, tendenziell philo- amerikanistische Zukunftsvision. Dem sowjetischen „Übergewicht“ könne nur 57 Vgl. dazu:  Rebecca Unterberger:  Amerika, du hast es besser? Reiseschreibung aus der Neuen Welt. In:  Primus-Heinz Kucher/Julia Bertschik (Hgg.):  „baustelle kultur“. Dis- kurslagen in der österreichischen Literatur 1918–1933/38. Bielefeld:  Aisthesis 2011, S.  125–158. 58 Vgl. dies.:  Monotonisierungsdebatte. Online unter:  http://litkult1920er.aau.at/ ?q=stichworte/monotonisierungsdebatte (letzter Zugriff:  1.10.2016) 59 Vgl. Walter Zettl:  Literatur in Österreich von der Ersten zur Zweiten Republik. In:  Herbert Zeman (Hg.):  Geschichte der Literatur in Österreich von den Anfängen bis zur Gegenwart. Bd.  7:  Das 20.  Jahrhundert. Graz:  Akademische Druck- und Ver- lagsanstalt 1999, S.  15–220, hier S.  31. 60 Franz Werfel:  Realismus und Innerlichkeit. Berlin–Wien–Leipzig:  Zsolnay 1931, S.  5 bzw. 17. 61 Egon Friedell:  Amerika und Rußland. In:  Heribert Illig (Hg.):  Das Friedell-Lesebuch. München:  C.H. Beck 1988, S.  232–235.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹