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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Rebecca Unterberger112 beleuchteten Wohnung in irgend ein vorindustrielles Paradies zurück“.67 Der Wiener Kunsthändler Paul Wengraf schlug Stefan Zweig in seinem 1927 erschienenen Essay AMERIKA EUROPA RUSSLAND den gegenwartsfernen „Anwälte[n] und Apostel[n] des europäischen Geisteslebens“ zu,68 als er den bürgerlichen Philo-Amerikanismus als modernistisch gewandete Reaktion entlarvte. Das Bürgertum suche nur deshalb politischen, wirtschaftlichen und geistigen Anschluss an Amerika, weil es sich davon „eine Erstarkung der bürger- lichen Weltordnung und einen Schutzwall gegen den Bolschewismus“69 erhoffe: Amerika schafft ohne Zwang, doch zwangsläufig einen neuen Bürgertypus:  den Babbit, der, so frei, so individualistisch er sich dünkt, nichts anderes ist als der Kollektivmensch, von dem Rußland träumt:  uniform, schablonisiert, von Sitte, Massenartikeln, Waren- hauskultur um jede Individualität gebracht:  ein Massenmensch.70 Wengrafs Vision dagegen war eine die „bürgerliche Welt“ allmählich ablösende „Kollektivwelt“, die aus der gegenseitigen Durchdringung von Amerika und Russland resultieren sollte, eine „antikapitalistische, unbürgerliche Gesellschafts- ordnung“:  „Schön eröffnet sich am Horizont die ungeheure Perspektive eines bolschewisierten Amerikas, eines amerikanisierten Rußlands“.71 Eine solche ideale Gesellschaftsform als Kultur(en)symbiose72 hatte Robert Müller bereits 1920 in dem Essay Bolschewik und Gentleman entworfen:  „Im Sibirjaken kün- digt sich etwas wie ein slawisch-mongolischer Amerikaner an; Unternehmer- mensch, Aktivist“.73 Mit der Frage:  „Gibt es eine Synthese, die diese Gegensätze [Rußland und Amerika] eint?“,74 beschloss Fischer 1928 seinen Essay über den „Geist des Amerikanertums“. Synthese:  Das ist die Schnittmenge zwischen Wengrafs  – und ähnlich Müllers  – ‚Kollektivwelt‘ (Zivilisation + Antikapitalismus  =  Unbürger- lichkeit), der bei Fischer erläuterten ‚richtigen‘ Amerikanisierung der Sowjet- union (Technisierung im Dienste der Revolution), der von Dreiser imaginierten 67 Béla Balázs:  Die Furcht der Intellektuellen vor dem Sozialismus. II. In:  Die Weltbühne, Nr.  4/1932, S.  131–134. 68 Paul Wengraf:  AMERIKA EUROPA RUSSLAND. Wien:  Zahn & Diamant 1927, S.  59f. 69 Ebd., S.  40. 70 Ebd., S.  45. 71 Ebd., S.  11–15. 72 Vgl. Daniela Magill:  Nachwort. In:  Robert Müller:  Irmelin Rose  – Bolschewik und andere verstreute Texte. Paderborn:  Igel Verlag 1993, S.  209–215. 73 Robert Müller:  Bolschewik und Gentleman. In:  ebd., S.  139–208, zit. S.  179–181. 74 Ernst Fischer:  Geist des Amerikanertums. In:  AZ (15.1.1928), S.  17.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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