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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 113 -
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Miszellen zum Amerika-Russland-Diskurs 113 Sowjetisierung der USA (sowjetistisches Staatstrustsystem) und auch des Lei- tich’schen Philo-Amerikanismus (Evolution mit ‚sozialistischen‘ Zugeständnis- sen anstelle ‚bolschewistischer‘ Revolution). Dass ein Bedürfnis nach Synthese in Wien scheinbar besonders dringlich gewesen ist, lässt sich wohl mit dem politischen Habitus einer ‚Roten Metropole‘, das heißt den Spannungen zwi- schen Sozialdemokratie und dem ‚Bürgerblock‘, in Zusammenhang bringen. Und überblickt man die hier konsultierten Dokumente, so hat sich der Wille zur Konsolidierung, zur Synthese, projiziert auf den internationalen Wettstreit zwischen den ‚Systemen‘ Amerika und Russland, seit Ende der 1920er Jahre, zur Zeit der zunehmenden politischen Polarisierung in der Ersten Republik, noch intensiviert.75 „Der Bürger kann sich in Wien nicht mehr halten. Sie erwürgen den Kapitalisten auf kalte Manier“:  Dergestalt lamentierte ein österreichischer Industrieller bereits 1927 resigniert über die Wiener „Bolschewiki“  – (zumin- dest) in Ernst Tollers Bericht über eine „Reise ins sozialistische Wien“, die ihm „mit wundervoller Gewalt das depressive Empfinden [zerstört], das der deutsche radikale Sozialist in sich verkrustet trägt“, denn:  „Nur Rußland leistet in kultu- rellem Bezirk Ähnliches“.76 Als Orientierungsfahrten hat Simon Huber in seiner Studie von 2014 Sow- jetunion- und USA-Reiseberichte der Zwischenkriegszeit beleuchtet, für die die Auseinandersetzung mit Modernisierungsphänomenen wie der Infrage- stellung tradierter sozialer Rollen oder der fortschreitendenden Technisierung und Rationalisierung charakteristisch ist. Dabei interessierten die beiden Länder nicht nur als „eigenständige Experimente“, sondern aufgrund ihrer „Orientie- rungsfunktion“ für die Weimarer Republik.77 Dieser Befund lässt sich natürlich auch  – nicht zuletzt eingedenk der von Huber bedachten AutorInnen österrei- chischer Provenienz wie Kisch oder Marta Karlweis  – auf die Erste Republik ausweiten. Zudem bedurfte es natürlich nicht der Gattung Reiseschreibung, um sich anhand der beziehungsweise mit Blick auf die beiden ‚Neuwelten‘ mit Facetten der Modernisierung zu befassen:  Die „Übereinstimmung“ der beiden „modernsten Staaten der Welt“ war laut Wengraf insbesondere „an der Stellung 75 Vgl. Bruno Frei:  Wien liegt zwischen London und Moskau. In:  Die Weltbühne, Nr.  44/1927, S.  690f.:  Der 15.  Juli  1927 hat „die Legende zerstört […], als ob dieses Land an unheilbarer Gemütlichkeit erkrankt wäre“. 76 Ernst Toller:  Das sozialistische Wien. In:  Die Weltbühne, Nr.  11/1927, S.  407–409. Vgl. dazu auch den Leitartikel mit dem symptomatischen Titel:  N.N.:  Bürgertum und Sozialismus. Der große Kampf der Gegenwart. In:  NFP (1.1.1930), S.  1f. 77 Simon Huber:  Orientierungsfahrten. Sowjetunion- und USA-Berichte der Weimarer Republik. Bielefeld:  Aisthesis 2014 (= Moderne-Studien 17), S.  17 bzw. 230.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹