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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Lili Körbers Eine Frau erlebt den roten Alltag 121 auf diesem umkämpften Markt noch reüssieren, musste man also geschickt und innovativ disponieren. Bereits dem Klappentext von Eine Frau erlebt den roten Alltag und auch der Anzeige im Börsenblatt11 ist dies Bemühen abzulesen, ein ganz besonderes Russland-Buch zu avisieren: Dieser Tagebuchroman einer Wienerin, die auf ein Jahr in den „roten Betrieb“ der Puti- low-Traktorenwerke als Arbeiterin eingetreten ist, enthält mehr als persönliche Erleb- nisse und Bekenntnisse und ist reicher als es eine objektive Darstellung des heutigen Leningrad sein könnte. Hier spricht nicht ein kritisch beobachtender Fremder, hier schlägt ein lebendiges Menschenherz. In Werkstatt und Krankenhaus, im möblierten Zimmer und auf der Straße kämpft sie Tag für Tag mit Qual und Lust den schweren Lie- besstreit des Einzelwesens mit dem Kollektiv. Immer wieder findet ein Ausgleich statt und immer wieder bricht der Kampf von neuem los. Wir bekommen eine Vorstellung von der unendlichen Kleinarbeit, deren es bedarf, um die Menschen für neue Ideen reif zu machen. Wir erleben mit einer Liebenden und Begeisterten das Dilemma:  Fünfjah- resplan und Menschenherz.12 Der Hinweis auf eine trotz ihrer russischen Herkunft umstandslos als „Wienerin“ etikettierte Autorin, die den „roten Alltag“ erlebe, vermittelt eine geschlechts- spezifische Konnotation, die in besonderem Maße Neugier erwecken soll. Denn Russlandberichte waren bis dato Männerdomäne. Unter den rund 100 deutschsprachigen Russlandreisenden, die Matthias Heeke bio-bibliographisch erschlossen hat,13 finden sich gerade fünf Autorinnen für die Zeit bis 1933:  Anni Geiger-Gog, Berta Lask, Frida Rubiner, Helene Stöcker und Martha Ruben- Wolf. Aber deren Berichte bedeuteten von Sujet, Machart beziehungsweise Zielansprache her keine Konkurrenz für Körber. Das gilt sowohl für Der große Strom. Eine unromantische Wolgafahrt (1930) und die anderen, der KPD-Agi- tation verpflichteten Texte von Frida Rubiner, die ebenso wie Körber im zaris- tischen Russland geboren war und russisch sprach,14 als auch für Berta Lasks zeitgleich mit Körbers Eine Frau erlebt den roten Alltag erschienenem Bericht 11 Der Anfang lautet in der Börsenblatt-Anzeige wie folgt:  „Eine junge Wienerin, die auf ein Jahr in den ‚roten Betrieb‘ der Putilow-Traktorenwerke als Arbeiterin eingetreten ist, schreibt ihre Erlebnisse auf. Aber was sie schreibt, wird mehr als persönliches Bekenntnis und reicher als es eine objektive Darstellung des heutigen Leningrad sein könnte.“ (Zit. nach:  Lemke, Lili Körber, S.  81f.) 12 Klappentext zu:  Lili Körber:  Eine Frau erlebt den roten Alltag. Ein Tagebuch-Roman aus den Putilowwerken. Berlin:  Rowohlt 1932. Zitate daraus werden mit der Sigle [RA] samt Seitenzahl belegt. 13 Heeke, Reisen zu den Sowjets, S.  561–637. 14 Vgl. Walter Fähnders:  Frida Rubiner. In:  Neue Deutsche Biographie (NDB), Bd.  22/2005, S.  157.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹