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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Walter Fähnders124 Entstehen begriffene Anbringung einer Fünfjahresplan-Parole wiedergibt:  „Es gibt Metall  – der Erstling“. Es handelt sich hier also um eine fotografische Covermontage, die ein wich- tiges Rezeptionssignal aussendet, indem sie sich nicht nur als aktuelle, sondern auch als unstrittig authentische, „wahre“ Momentaufnahme aus der Produk- tion gibt. Diese Frage nach der Wahrheit und diesbezügliche Verfahren der Authentifizierung und Verifizierung sind gerade eben im umkämpften Terrain der Russlandberichte brisant. Die „unsichere Nachrichtenlage“ spielt dabei eine Rolle, aber vor allem die ideologischen Grabenkämpfe:  „Häufig thematisierten die Berichte selbst die Unzuverlässigkeit der Informationen, die zu einem struk- turierenden Topos im Diskurs über Sowjetrussland wurde“,17 so Eva Oberlos- kamp. Das Cover erhebt also unmittelbaren Gegenwartsbezug und Anspruch auf Authentizität, den auch der Titel herstellt:  Was eine Frau „erlebt“, sollte doch authentisch sein, und wenn dies per Tagebuch geboten wird, also dem traditio- nell weiblich konnotierten Medium, erst recht. Dass im Untertitel freilich von Tagebuch-Roman die Rede ist, relativiert das Authentische  – ein literarhistorisch erklärbares Kalkül. Seit etwa 1930 nimmt in der Weimarer Republik die Leselust am Dokumentarischen und an diesbe- züglichen ästhetischen Strategien der sozusagen „kalten“ Neuen Sachlichkeit zugunsten „wärmerer“ Ansätze erkennbar ab. Darauf reagiert Körbers pro- grammatisches Mixtum von Faktualem und Fiktionalem:  Tagebuch-Roman. Das Dokumentarische wird dabei keineswegs dementiert, denn es folgt empirisch genau der Gegenwart der Leningrader Putilowwerke. Die traditionsreichen Putilow-Traktoren-Werke, „Rußlands Krupp“, wie Egon Erwin Kisch sie 1927 in Zaren. Popen. Bolschewiken genannt hat,18 dürften dem kundigen Leser um 1930 ein Begriff gewesen sein, sodass die Titelei den Hinweis auf Sowjetrussland sogar aussparen kann. Im Text lässt sich die Protagonistin einmal die „Gedenkmappe“ geben, „die 1926 zum 125jährigen Jubiläum der Putilow-Werke veröffentlicht wurde“ [RA  206]. Übrigens ist wenig später, 1933, ein weiteres Putilow-Buch erschienen, und zwar von dem österreichischen Metallarbeiter Leo Weiden, der mit viel Dokumentarmaterial angereicherte Bericht Turbinen Traktoren Stoß- arbeiter. Skizzen aus dem Leben der Roten Putilow-Werke, Leningrad, von dem noch die Rede sein wird. Wenn schließlich, wie bereits zitiert, der Klappentext des Buches die Lese- anreize spektakulär bündelt zu „Fünfjahresplan und Menschenherz“, so ist darin 17 Oberloskamp, Fremde neue Welten, S.  188f. 18 Egon Erwin Kisch:  Zaren. Popen. Bolschewiken. Berlin:  Rowohlt 1927, S.  95.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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