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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 131 -
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Lili Körbers Eine Frau erlebt den roten Alltag 131 Doch am morgigen Tag Steh ich wieder bereit Die Maschine zur Arbeit zu richten. Nur das Schaffen vermag Alles bittere Leid Von verdüsterter Stirne zu schlichten. [RA  240] 6 Höhlengleichnis Über das Ziel, das die Protagonistin mit ihrer Tätigkeit verfolgt, räsoniert eine ihrer russischen Arbeitskolleginnen:  „Damit du dir alles anschaust und drüben in deiner Heimat erzählst, wie es bei uns ist.“ [RA  129] Dies sei nicht so ein- fach, erwidert die Tagebuchschreiberin, und zieht zur Erklärung eine „schöne Geschichte“ von dem „Philosophen Plato“, das Höhlengleichnis, heran: Er verglich die Menschen mit Gefangenen, die in einer Höhle gefesselt sind, mit dem Rücken zum Ausgang. Von den vorübergehenden Tieren und Menschen sehen sie nur die Schatten an der Mauer, die sie für die richtigen lebendigen Wesen halten. Da plötz- lich werden dem einen die Fesseln abgenommen, er geht hinaus, ins volle Sonnenlicht, und sieht das wahre Leben. Werden die gefesselten Kollegen ihn verstehen, wenn er ihnen davon erzählt? [RA  129] Darauf antwortet die russische Arbeiterin: Ich begreife […], die Gefesselten, das sind die Arbeiter in den kapitalistischen Ländern, die draußen, das sind wir. Und der Mann, der hinausgeht und dann wieder zurück- kommt, ist ein ausländischer Arbeiterdelegierter. Gut hat das dein Plato erklärt. Ist er Kommunist? [RA  129] Lili Körber hat diese Szene in ihrem Russland-Roman aus dem amerikanischen Exil, Ein Amerikaner in Russland von 1942, das viele Motive ihres Erstlings auf- greift, erneut erzählt, mit einer für ihre mittlerweile antikommunistische Posi- tion charakteristischen Wendung:  Auch hier heißt es, dass es „die Aufgabe von unsereinem“ sei, zu erzählen, „wie die Wirklichkeit ist“, und „die anderen dazu [zu] bringen, sie auch zu sehen“. Aber auf diese Botschaft antwortet nun die im stalinisierten Russland zunehmend kritischer gewordene kommunistische Prot- agonistin:  „Und wenn es noch andere Wahrheiten gibt, als die unsrige, […] was dann?“29 29 Lili Körber:  Ein Amerikaner in Russland. Roman. In:  Neue Volks-Zeitung (5.12.1942 bis 9.10.1943); zit. nach:  Walter Fähnders:  „Es geschah in Moskau“ von Arthur Holit- scher. In:  ders. u.a. (Hgg.):  Europa. Stadt. Reisende. Blicke auf Reisetexte 1918–1945. Bielefeld:  Aisthesis 2006 (= Reisen Texte Metropolen, Bd.  4), S.  85–106, zit. S.  85.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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