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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 168 -
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Katja Plachov168 Vorliebe an Seltsamkeiten und Experimente der Bolschewiki halte, etwa Fabrik- pfeifensymphonien beschreibe, die Musik von Aleksandr Skrjabin und Samuil Fejnberg hingegen mit nur wenigen Worten abtue:  „Seine Darstellung erinnert daher ein wenig an ein Raritäten- und Kuriositäten-Kabinett“.57 Deutlich gegen Fülöp-Millers Darstellung spricht sich lediglich ein Kritiker aus:  Der Rezensent der Zeitschrift für Bücherfreunde wirft ihm ein unhistori- sches Vorgehen anhand einer illegitimen Fragestellung vor, nämlich Russland nur auf seine kulturellen Aspekte hin zu betrachten, wo es doch im eminentesten Sinne politisch sei. Des Weiteren sieht er in dem Werk Belege für eine schlichte Unkenntnis der Spezifika des Landes:  „Heillose Verwirrung herrscht im ganzen Buche über die Begriffe Adel, Aristokratie, Bürgertum, auf die er kurzweg die westeuropäische Auffassung überträgt.“58 Einerseits scheinen die Rezensenten der thematischen Auswahl Fülöp-Mil- lers und den ihnen dadurch vermittelten Eindrücken über die aktuelle Lage in der Sowjetunion skeptisch gegenüberzustehen, da sie ihnen stellenweise unzutreffend oder tendenziös anmuten. Andererseits stellt gerade die dadurch erzeugte Bandbreite an Phänomenen, die in Geist und Gesicht präsentiert wird, das Alleinstellungsmerkmal des Werks dar. Hierzu bietet die Einordnung in das Spektrum der gegenwärtigen Russlandberichte durch Brod Aufschluss:  „Wir wurden in letzter Zeit mit Reiseberichten aus Rußland überschwemmt, die bewußt oder unbewußt der bolschewistischen Propaganda dienten. Ganz eben so wie man Paquet, Goldschmidt, Holitscher usw. mit Vorsicht lesen muß“. Im Gegensatz dazu wolle Fülöp-Millers „antibolschewistisches Buch“ objektiv sein, „und schon das unschätzbar reiche Bildmaterial dient ja der Nachprüfung, der es eine feste Grundlage bietet“.59 Hier wird die in der Einleitung von Fülöp-Miller proklamierte Intention bezüglich des dokumentarischen Gehalts der Abbildun- gen übernommen und bestätigt. Auch schätzt Brod die Abbildungen als Gewinn bei der Lektüre ein, deren Wirkung er über jene einer filmischen Darstellung stellt:  „[I] ch [muß] erklären, daß mich seit langem kein Buch so erschüttert, bereichert, zum Problematischen hingewiesen und vom ersten bis zum letzten Wort gespannt hat, aufregender als der geschickteste und originellste Film.“60 57 Max Brod:  „Geist und Gesicht des Bolschewismus“. In:  Prager Tageblatt (6.6.1926), S.  3f., zit. S.  3. 58 Vgl. F. Braun:  René Fülöp-Miller, Geist und Gesicht des Bolschewismus. […]. In:  Zeit- schrift für Bücherfreunde, H.  2/1926, Sp.  214–216, zit. Sp.  216. 59 Max Brod:  „Geist und Gesicht des Bolschewismus“. In:  Prager Tageblatt (6.6.1926), S.  3f., zit. S.  3. 60 Ebd.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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