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Kurt
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Immerhin war er überzeugt, dass, wie er es in einem offiziellen Ansuchen formu-
lierte, das sowjetische Theater im „Vordergrund des fachlichen Interesses“8 stand.
1 Ausstellungspläne
So nimmt es nicht wunder, wenn Gregor spätestens Ende des Jahres 1926 eine
Ausstellung über das russische Theater in Wien plante. Im Zuge mehrerer Reisen
nach Deutschland knüpfte er Kontakte und traf auch schon eine Vorauswahl an
Objekten. Er besuchte etwa die Ausstellung Byzantinisch-russische Monumen-
talmalerei, die vom 3. November bis 5. Dezember 1926 in Berlin zu sehen war,
und zudem eine Schau des Bühnenbildners Mstislav Dobužinskij, die von der
Deutschen Gesellschaft zum Studium Ost-Europas veranstaltet worden war.9 In
Berlin weckten auch Ikonen des Friedrich-Museums sein Interesse.
Ende Februar 1927 – Gregor befindet sich im Zuge eines Vortrages erneut in
Berlin – sind bereits Leihgeber wie Konzeption angedacht: An Kooperations-
partnern erwähnt er neben der Gesellschaft zum Studium Osteuropas10 das
Friedrich-Museum sowie den Leiter der in Westeuropa äußerst erfolgreichen
Theatertruppe Der Blaue Vogel Jascha Južnyj und Natal’ja Gončarova,11 die sich
beide mit privaten Objekten beteiligen wollen. Bereits am 24. Februar 1927
stellt der Generaldirektor der Nationalbibliothek, Josef Bick, auf Aufforderung
Gregors hin das Ausstellungsprojekt inklusive Details dem Bundesministerium
8 Generaldirektion der Nationalbibliothek [Josef Bick] an das Bundesministerium für
Unterricht, 24.2.1927 (Abschrift), Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik,
Neues Politisches Archiv, Karton 671, Folio 322–343 (Liasse Russland 34)
1927, Kopie
im Nachlass Agnes Bleier-Brody, Theatermuseum, Wien [fortan:
ÖSA AdR NPA
671].
9 Vgl. M. Dobushinski: Kollektiv-Ausstellung Katalog. Berlin 1926.
10 Über diese Gesellschaft versuchte Gregor, Objekte Dobužinskijs zu erhalten (vgl.
Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek [Josef Bick] an die Deut-
sche Gesellschaft zum Studium Osteuropas, Generalsekretär Hans Jonas (undat.);
Joseph Gregor an Josef Bick, 25.2.1927, Österreichische Nationalbibliothek Archiv,
Generaldirektion/Allgemeine Verwaltungsakten, 1927 [fortan:
ÖNB, GD/AVA
1927]).
11 Nachdem die russische avantgardistische Malerin Natal’ja Gončarova 1914 Russ-
land Richtung Paris verlassen hatte, beteiligte sie sich ebenda an einigen Projekten
der Ballet Russes. Ihre spektakulären Arbeiten zeichneten sich durch vereinfachte,
nicht zuletzt von der Folklore inspirierte Formen aus, die in der Folge als spezi-
fisch ‚russisch‘ interpretiert wurden. Fortan sollte sie primär als russische Künst-
lerin denn als Vertreterin einer transnationalen Avantgarde rezipiert werden (vgl.
John E. Bowlt/Matthew Drutt (Hgg.): Amazonen der Avantgarde. Alexandra Exter,
Natalja Gontscharowa, Ljubow Popowa, Olga Rosanowa, Warwara Stepanowa und
Nadeschda Udalzowa. Ostfildern–Ruit: Hatje 1999).
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Titel
- Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
- Untertitel
- Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Autor
- Primus-Heinz Kucher
- Herausgeber
- Rebecca Unterberger
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-631-78199-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 466
- Kategorie
- Kunst und Kultur