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Gregors Sowjetreise und Das russische Theater 181
für Unterricht vor und bittet um Kenntnisnahme und Förderung. Insbesondere
ersucht er um Vermittlung des ersten Geschäftsträgers der Republik Österreich
in der Sowjetunion, Otto Pohl.12 Pohl, ein linker Sozialdemokrat, war innerhalb
der sowjetischen Moderne bestens vernetzt und somit idealer Partner.13 Auf
Bicks beziehungsweise Gregors Wunschliste standen theatrale Institutionen und
Persönlichkeiten wie das Museum für Theaterkunst, Konstantin Stanislavskij,
Aleksandr Tairov, Vsevolod Mejerchol’d oder der Schriftsteller und Literatur-
wissenschaftler Leonid Grossman. Die vierte von der Theatersammlung ver-
anstaltete Ausstellung mit dem vorgesehenen Titel Russisches Theater im ersten
Viertel des XX.
Jahrhunderts sollte vom 5.
bis 19. Juni (vermutlich) 1927 im Rah-
men der Wiener Festwochen im Redoutensaal in der Wiener Hofburg stattfin-
den. Unterstützung seitens des Fremdenverkehrsamtes der Stadt Wien sowie der
Bundestheater war zugesichert.14 Zu diesem Zeitpunkt, Ende Februar 1927, war
auch schon eine erste kurze Zeitungsnotiz über die geplante Ausstellung an die
Wiener Öffentlichkeit gedrungen.15
Bald nach dem Februar des Jahres 1927 begab sich Gregor mit seiner (zwei-
ten) Frau Felizitas in die Sowjetunion. Bisher ließ sich das exakte Datum der
Reise nicht bestimmen. Vieles spricht für Anfang April; ein Dokument legt nahe,
das Ehepaar Gregor sei am 15. April 1927 aus der Sowjetunion zurückgekehrt.16
Gesandter Otto Pohl scheint Gregors Wunschliste erfüllt zu haben. Gregor traf
12 Joseph Gregor an Josef Bick, 25.2.1927, ÖNB, GD/AVA 1927.
13 Otto Pohl wurde 1927 von seinem Botschafterposten abberufen. Zu Pohl sowie den
österreichisch-sowjetischen Beziehungen vgl. Verena Moritz, Julia Köstenberger,
Aleksandr Vatlin, Hannes Leidinger, Karin Moser (Hgg.): Gegenwelten. Aspekte
der österreichisch-sowjetischen Beziehungen 1918–1938. St. Pölten–Salzburg–
Wien: Residenz 2013, S. 453.
14 Vgl. Generaldirektor der Österreichischen Nationalbibliothek [Josef Bick] an die
Deutsche Gesellschaft zum Studium Osteuropas, Generalsekretär Hans Jonas (undat),
ÖNB, GD/AVA 1927; Fremdenverkehrskommission der Bundesländer Wien u.
Nie-
derösterreich an den Generaldirektor der Österreichischen Nationalbibliothek [Josef
Bick], 22.2.1927, ebd.; Generaldirektion der Nationalbibliothek [Josef Bick] an das
Bundesministerium für Unterricht, 24.2.1927 (Abschrift), ÖSA AdR NPA 671.
15 Vgl. die Meldung anlässlich Gregors Vortrag in der Gesellschaft für Theatergeschichte,
Berlin, in: Wiener Zeitung (27.2.1927), S. 9.
16 Vgl. Telegramm Joseph Gregor an den Generaldirektor der Österreichischen Natio-
nalbibliothek [Josef Bick], 11.4.1927, ÖNB, GD/AVA 1927:
Darin schreibt Gregor aus
Moskau „eintreffe Freitag mittags“, womit der 16. April der Tag der Ankunft in Wien
wäre. In Gregors Personalakten im Archiv der Nationalbibliothek sind bloß Details
hinsichtlich der Kontaktaufnahme mit Bibliotheken nachweisbar.
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Titel
- Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
- Untertitel
- Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Autor
- Primus-Heinz Kucher
- Herausgeber
- Rebecca Unterberger
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-631-78199-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 466
- Kategorie
- Kunst und Kultur