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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 207 -
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Gastspiele sowjetischer Theatertruppen in Wien 207 Theater in der Goltzstrasse 9 in Schöneberg erfolgreich etablieren konnte, reprä- sentierte gemeinsam mit dem nach Paris emigrierten russischen Kabarett Die Fledermaus (La Chauve-Souris) von Nikita Baliev sehr erfolgreich die für West- europa neue Spielart eines Kabaretts, das sich durch ein „inniges Zusammen- arbeiten von Maler, Musiker, Schauspieler, Regisseur und dem Genius des guten Geschmacks“22 auszeichnete. Dieses multimediale Zusammenspiel der Künste war  – vor allem im Rahmen einer Kleinkunstbühne  – neu. In Wien war die kurze Ära des von der Wiener Werkstätte 1907 gegründeten Kabarett Fledermaus, in dem die Idee des Gesamtkunstwerks23 ebenfalls schon sehr früh angestrebt wor- den war, bereits wieder vergessen worden, sodass man sich von Neuem  – nun aber unter veränderten ästhetischen Voraussetzungen  – für ein mit russischen Exotismen durchsetztes Gesamtkunstwerk neuen Stils begeistern konnte. Der Blaue Vogel, der unter der Leitung seines charmanten, deutsch radebrechenden Conférenciers Jascha Južnyj stand, stürmte in den Charts der damaligen Unter- haltungskultur rasch nach oben. Sein oft von anderen russischen Kleinkunstbüh- nen imitiertes Markenzeichen war die lockere Mischung aus bilderbuchartigen Szenen aus dem russischen Volksleben, Parodien, szenisch dargebotenen Chan- sons und burlesken Tänzen, für deren szenische Ausschmückung so hervorra- gende Künstlerinnen und Künstler wie Natal’ja Gončarova, Georgij Požedaev oder Pavel Čeliščev sorgten. Der Blaue Vogel gastierte zum ersten Mal im Dezember 1922 in den Kammer- spielen und erntete gleich einen Riesenerfolg, nicht zuletzt auch deshalb, weil in dieser Mischform die modernen, oft verstörend wirkenden Kunstrichtungen befriedet erschienen. Alfred Polgar berichtete jedenfalls euphorisch:  „Drei Ele- mente, innig gesellt:  Farbe, Klang, Bewegung. Phantasie mischt, Rhythmus bin- det sie, Witz macht das Gemenge leicht, locker, schaumig.“24 22 Friedrich Járosy:  Vom Cabaret. In:  Der Blaue Vogel. Programmheft. Berlin o.J., S.  3–11. 23 Vgl. dazu den vollständigen Abdruck der programmatischen Schrift von Peter Alten- berg über die ästhetischen Ziele der „Fledermaus“ in:  Michael Buhrs, Barbara Lesák, Thomas Trabisch (Hgg.):  Kabarett Fledermaus. Ein Gesamtkunstwerk der Wiener Werkstätte. Literatur, Musik, Tanz. Ausstellungskatalog. Wien:  Brandstätter 2007, S.  154–170. 24 Alfred Polgar:  Der blaue Vogel. In:  Der Tag (3.12.1922), S.  7.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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