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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 209 -
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Gastspiele sowjetischer Theatertruppen in Wien 209 Vogels imitierten.27 Über das Gastspiel des Goldenen Hahns wusste Emil Kläger daher mit einer Prise Ironie zu berichten: Ein neues Theater des Aperitifs, szenisches Naschwerk für Nervöse. Die heimatflüch- tigen russischen Künstler nennen es in den Kammerspielen mit schwärmerischem Augenaufschlag für Puschkin „Der Goldene Hahn“. Es ist das Fünfminutentheater, das im Zeichen des „Blauen Vogels“ berühmt geworden ist.28 All diese nach dem Erfolgsschema des Blauen Vogels agierenden Truppen absol- vierten zwischen 1923 und 1927 ihre Gastspiele in Wien. Danach war die Wiener Theaterszene offensichtlich übersättigt, und an einem zweiten oder dritten ‚Auf- guss‘ des kabarettistischen russischen Folklorismus gab es keinen Bedarf mehr. 3 Theaterexport aus der Sowjetunion Während in den frühen 1920er Jahren bereits russische Emigrantentruppen in Wien auftauchten, hielten sich die sowjetrussischen Theatertruppen von Öster- reich noch fern. Wahrscheinlich konnte erst durch die De-jure-Anerkennung der Sowjetunion durch Österreich im Februar 192429 der für die junge Sowjet- union propagandistisch so wichtige Kulturexport nach Wien in Gang kommen. Von den Sowjets wurde die neue Revolutionskunst sehr geschickt als Sympa- thieträger modelliert und eingesetzt, um gute Stimmung für das vielfach fremde Land zu machen, in dem die gefürchtete proletarische Revolution gesiegt hatte. In diese Kerbe, aber weit idealistischer gestimmt, hieb auch der russische Kul- turpolitiker, Kritiker und Dramatiker Anatolij Lunačarskij, indem er fest daran glaubte, dass die Kunst zum Sprachrohr der Revolution werden könne.30 Für die Tourneen nach Wien stand daher ab 1924 von offizieller Seite hüben wie drü- ben nichts mehr im Wege. Das betraf auch die Teilnahme der fortschrittlichsten der sündteuren ‚echten‘ Sensationen der Revue.“ (N.N.:  Russisch-deutsches Grotesk- Theater. In:  Die Bühne, H.  98/1926, S.  9). 27 Vgl. dazu:  K. Sfd. [d.i. Kurt Sonnenfeld]:  Das Gastspiel des „Blauen Vogel“. In:  NFP (22.11.1929), S.  12:  „Die Kunstgattung des ‚Blauen Vogels‘ ist tausendfach nachge- ahmt worden. Nach so vielen Imitationen feiert man mit dem Original um so lieber ein Wiedersehen.“ 28 E. K. [d.i. Emil Kläger]:  Deutsch-russisches Theater:  „Der goldene Hahn“. In:  Neue Freie Presse (14.9.1923), S.  9. 29 Vgl. Hannes Leidinger/Verena Moritz:  Der Weg zur Anerkennung. Die Beziehungen zwischen Wien und Moskau 1918 bis 1924. In:  Österreichische Osthefte, H.  3/2004, S.  361–390. 30 Vgl. Anatoli Lunatscharski:  Die Revolution und die Kunst. Essays, Reden, Notizen. Dresden:  VEB Verlag der Kunst 1962 (= Fundus-Bücher, Bd.  6), S.  27.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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