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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 233 -
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Zur Rezeption des sowjetrussischen Theaters 233 über.53 Treueschwur, Internationale, ein Fackelzug:  Ehrenzweig stützte sich auf die bereits in Russland bewährten Mittel, um das Publikum emotional einzubin- den, was nach den Berichten der sozialdemokratischen Presse vollauf gelungen war. „[D] aß es weder Schauspieler gab, noch das, was man Publikum nennt“, hieß es in der Arbeiter-Zeitung, „daß die Fünftausend [sic] in der Riesenarena das eigene Schicksal darstellten und das eigene Bekenntnis sprachen, daß die Sechzigtausend rings im ungeheuren Kreis einbezogen waren in dieses Spiel, in diese Wirklichkeit, das war das Aufregende, das Berauschende“.54 Vielleicht noch direkter als die Autoren der Massenspiele knüpften die Orga- nisatoren und Gestalter des von Julius Braunthal konzipierten Festzugs des neuen Wien zum Gemeinderatswahlkampf im April 1932 an sowjetische Vorbilder an.55 An diesem Zug durch die Arbeiterbezirke nahmen 3000 Jugendliche, Arbeiter- sportler und Schutzbündler, vier Musikkapellen und dreißig von Harnisch und Meiselmann gestaltete Wagen teil. Wie beim Olympiade-Festspiel leiteten Fanfa- renbläser den Zug ein, gefolgt von rote Fahnen schwingenden Jugendlichen in blauen Blusen. Auf den meisten Wagen wurde in symbolischer Form, auch mit- hilfe von Statistiken und Diagrammen, die Aufbauarbeit des Roten Wien darge- stellt, wobei, wie Meiselmann erklärte, „in wirksamen Gegenüberstellungen der Gegensatz zwischen der sozialistischen und der früheren bürgerlichen Gemein- deverwaltung“ illustriert wurde.56 In einigen Wagen wurde der politische Gegner karikiert und verhöhnt. Nach der Beschreibung dieses Festzugs in der sozial- demokratischen Presse erinnert er sehr stark an die bei Fülöp-Miller skizzier- ten und illustrierten russischen Festzüge.57 Meiselmanns Zuversicht, dass solche 53 Einwirkungen des Proletkult-Theaters finden sich bereits in einigen Sprechchorwer- ken, besonders in:  Josef Luitpold Stern:  Das Klagenfurter Fackelspiel. Berlin:  Arbei- terjugend-Verlag 1927 [ebenso in:  Alfred Zohner (Hg.):  Das Josef-Luitpold-Buch. Wien:  Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1948, S.  202–209]. Zwar dominiert in diesem Stück noch das Wort, doch arbeitet Luitpold Stern zudem stark mit opti- schen und akustischen Effekten. Auch geht bei ihm das Spiel in einen Fackelzug über. Mit einem gemeinsamen Schwur endet das komplexe Sprechchorwerk:  Fritz Rosen- feld:  Die Stunde der Verbrüderung. Ein dramatisches Chorwerk. Berlin:  Arbeiter- jugend-Verlag 1928. 54 N.N. [Ernst Fischer?]:  Schauspiel der Masse im Stadion. In:  Arbeiter-Zeitung (19.7.1931), S.  8; vgl. dazu auch:  smk [d.i. Schiller Marmorek]:  Das Festspiel der Olym- piade. Die Begeisterung von 60000 Menschen. In:  Das Kleine Blatt (19.7.1931), S.  6f. 55 Vgl. N.N.:  Der Festzug des neuen Wien. In:  Arbeiter-Zeitung (17.4.1932), S.  3; N.N.:  Das rote Wien zieht durch die Straßen. In:  Das Kleine Blatt (17.4.1932), S.  2f. 56 Arnold Meiselmann:  Agitation durch einen Festzug. In:  Die Politische Bühne, Anfang Mai 1932, o.S. 57 Vgl. Fülöp-Miller, Geist und Gesicht, S.  187–190.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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