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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 235 -
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Zur Rezeption des sowjetrussischen Theaters 235 Masken getragen haben und nicht als Marionetten dargestellt worden sind.62 Allerdings wurde in Wien, anders als in Tret’jakovs Vorlage, der englische Kapi- tän am Ende gelyncht. Das Thema war den Zuschauern vertraut, war doch der Kuli eine der emblematischen Figuren im Agitationstheater, in der engagierten Lyrik und auch in der linken Presse. Mit Ausnahme des Abend, der an der politi- schen Wirksamkeit des Stücks zweifelte, fanden Stück und Aufführung trotz der manichäischen Anlage in der sozialdemokratischen Presse begeisterte Zustim- mung, wobei insbesondere die Regie der Massenszenen Bewunderung erweckte und zu Vergleichen mit Ėjzenštejns Panzerkreuzer Potemkin animierte.63 Die Arbeiter-Illustrierte Der Kuckuck sprach von einem „Triumph des Zeittheaters“, einer „grandiose[n] Vorstellung, die allabendlich das Publikum hinreißt“.64 Für Fritz Rosenfeld war der Publikumserfolg „ein Verdienst des Dichters, des Spielleiters und der Darsteller“, und er schloss seine ungewöhnlich enthusias- tische Besprechung in der Arbeiter-Zeitung mit der Feststellung, dieser Abend sei „ein Sieg des aktuellen Theaters, des lebensnahen Theaters und ein Sieg des revolutionären Theaters“ gewesen.65 Auch in der bürgerlichen Presse wurde, bei starken inhaltlichen Vorbehalten, der Regieleistung von Buch beträchtliches Lob gezollt.66 Selbst Hans Brečka in der Reichspost musste, wenn auch mit ironi- schem Unterton, eingestehen, die Regie des Fritz Peter Buch habe ausgezeichnet geklappt.67 Auch in den Erinnerungen ehemaliger Aktivisten blieb diese Auf- führung lebendig. So berichtet Josef Simon von seiner Begeisterung über diese Aufführung, der er in Gesellschaft Jura Soyfers und anderer Freunde beigewohnt hat,68 und der spätere Gewerkschafsführer Egon Kodicek erinnert sich noch 62 Vgl. Jürgen Rühle:  Theater und Revolution. München:  dtv 1963, S.  75. 63 Nach der Roten Fahne sind im Text der Wiener Aufführung alle Verweise auf die Sowjetunion als Stütze der Kulis gestrichen worden (vgl. N.N.:  Brülle, China! Neues Wiener Schauspielhaus (7.5.1930), S.  5), was die begeisterte Aufnahme durch die Sozialdemokraten sicherlich erleichterte. 64 N.N.:  Brülle, China! Ein Triumph des Zeittheaters. In:  Der Kuckuck, Nr.  20/1930, S.  9. 65 Fritz Rosenfeld:  Sturm über China. Zur Aufführung von S.  Tretiakows „Brülle, China!“ im Neuen Wiener Schauspielhaus. In:  Arbeiter-Zeitung (4.5.1930), S.  9. 66 Vgl. e.  kl. [d.i. Emil Kläger]:  Das Stück vom armen Kuli:  Tretiakows „Brülle, China!“ im Neuen Wiener Schauspielhaus. In:  Neue Freie Presse (4.5.1930), S.  13; Edwin Rollet:  Brülle, China! von S.  Tretiakow. In:  Wiener Zeitung (4.5.1930), S.  7. 67 Vgl. [Hans] Brečka:  Brülle, China! In:  Reichspost (4.5.1930), S.  13. 68 Vgl. Josef T. Simon:  Augenzeuge. Erinnerungen eines österreichischen Sozialisten. Eine sehr persönliche Zeitgeschichte. Wien:  Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1979, S.  70.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹