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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Marco Hoffmann244 Gesellschaftlich konnte sich nur eines der ästhetischen Modelle durchsetzen. Inwieweit die Kunstpolitik Russlands eine nach und nach konservativ werdende Haltung annahm, lässt sich an den Äußerungen Anatolij Lunačarskijs ablesen, der seit der Revolution das Amt des Volkskommissars für das Bildungswesen innehatte und unmittelbar nach der Revolution eine freie Kunstevolution ohne staatliche Reglementierungen noch befürwortete. In einem Artikel für die Kunst der Kommune aus dem Jahr 1918 war zu lesen: Dutzendmal habe ich erklärt, das Kommissariat für Volksaufklärung solle in seiner Einstellung zu den einzelnen Richtungen im Kunstleben unparteiisch sein. Was Form- fragen anbetrifft, darf der Geschmack des Volkskommissars und sämtlicher Vertreter der Staatsgewalt nicht in Rechnung gestellt werden. Allen Personen und Gruppen im Kunstbereich ist eine freie Entwicklung zu gewähren! Keiner Richtung darf gestattet werden, die andere zu verdrängen, sei sie mit erworbenem traditionellem Ruhm oder mit Modeerfolg ausgestattet!20 Drei Jahre später unterzieht Lunačarskij seine Aussagen einer Revision. Wenn- gleich er es ablehnt, ein „Kesseltreiben gegen [den Futurismus] zu veranstalten, wodurch [der Staat sich] die Sympathie von Hunderten junger Künstler ver- scherzen“ würde, zeichnet sich doch deutlich eine zunehmende Beschränkung künstlerischer Freiheiten ab. In der Zeitschrift Das rote Neuland lässt Lunačarskij 1921 verlautbaren: Die Kunst selbst ist heute in verschiedene Lager gespalten und eine Trennungslinie fällt sofort ins Auge:  die sogenannte realistische Kunst, unter der man jetzt gemeinhin die gesamte vergangene Kunst versteht, und die sogenannte futuristische. Ich persönlich glaube, daß der Weg von der Kunst der Vergangenheit zur proletarischen, sozialisti- schen Kunst nicht über den Futurismus verläuft, und wenn sie durch diese oder jene Errungenschaft des Futurismus, und seien sie nur technischer Art, befruchtet wird, so ist dies wahrscheinlich nicht sehr ernst zu nehmen[.] 21 Der Bruch des sowjetischen Staates mit dem Futurismus wurde durch das Auf- keimen des Sozialistischen Realismus eingeleitet. Was die staatliche Kontrolle über die Kunst endgültig festigte, war eine 1932 vom Zentralkomitee der KPdSU erlassene Richtlinie für Kunst und Musik, die die gesamte osteuropäische Kul- turlandschaft beeinflusste und erst mit Stalins Tod im Jahr 1953 eine Lockerung erfuhr. Komponisten, die der Avantgarde angehörten, wurden innerhalb die- ses Zeitraums verfolgt und von der RAPM diffamiert, unter ihnen auch einst 20 Heiner Stachelhaus:  Kasimir Malewitsch. Ein tragischer Konflikt. Düsseldorf:  Claas- sen 1989, S.  61. 21 Ebd., S.  62f.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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