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Marco
Hoffmann246
2 An der Nabelschnur Wiens: Der Komponist Max Brand
Man sollte meinen, dass das Schicksal, wie seine russischen Kollegen als Künst-
ler degradiert zu werden, Max Brand als in Wien aufgewachsenem und soziali-
siertem Komponisten erspart geblieben sei. Doch auch seine Biographie ist von
Brüchen durchzogen und spiegelt das Leben eines fortlaufend Suchenden wider.
Im Alter von elf Jahren zog Brand mit seinen Eltern aus der ukrainischen Pro-
vinz nach Wien, wo er sich 1918 für ein Kompositionsstudium bei Franz Schre-
ker einschrieb.29 Drei Jahre später wechselte er gemeinsam mit Schreker nach
Berlin, um sein Studium dort abzuschließen. Die Wiederkehr nach Wien im Jahr
1924 markiert auch eine künstlerische Neu-Verortung in der noch jungen Tradi-
tion der Zweiten Wiener Schule. Ein Schlüsselerlebnis war die Uraufführung des
Bläserquintetts op.
25 von Arnold Schönberg am 13. September desselben Jahres,
der Brand beiwohnt. Das Bläserquintett ist eines der ersten Werke, dessen Ton-
material Schönberg mit dodekaphonen Mitteln organisiert hat. Brand lässt sich
in weiterer Folge von dieser Technik beeinflussen,30 wenngleich er sie in späteren
Werken wieder verworfen hat.
Mit der Oper Maschinist Hopkins, die einen Wendepunkt in Brands Schaffen
markierte und 1929 beim Tonkünstlerfestival in Duisburg uraufgeführt wurde,
gelang dem jungen Komponisten ein beachtlicher Erfolg, der sich in den Fol-
gejahren an etwa 40 Produktionen an verschiedenen Opernhäusern ablesen
ließ. Nach einigen Jahren erfolgreicher und lebendiger Rezeption verblasste die
Strahlkraft des Stückes unter dem aufkommenden Nazi-Regime schnell. 1933
verhinderten die Nationalsozialisten, dass die Nachfolgeoper Requiem an der
Berliner Staatsoper zur Uraufführung gelangen konnte. In seinem Heimatland
setzte sich Brand für Werke der Neuen Sachlichkeit ein und initiierte durch die
Gründung eines Opernstudios im Wiener Raimundtheater 193231 die österrei-
chische Erstaufführung von Bert Brechts und Kurt Weills Aufstieg und Fall der
Stadt Mahagonny.
29 In der Kriegs- und Zwischenkriegszeit kristallisiert sich in der Person Schrekers eine
der wichtigsten Kompositionslehrerpersönlichkeiten, die neben Brand auch Ernst
Krenek oder Alois Hába zum Schülerkreis zählen darf. Die Rezeption von Schrekers
Opern erreichte in den 1920er Jahren einen massiven Popularitätsgrad und die Musik-
blätter des Anbruch verzeichneten gleich zwei Sonderhefte zu seiner Person.
30 Vgl. z.B. die 5 Balladen op. 10 nach Else Lasker-Schüler.
31 Vgl. die Biographie zu Max Brand auf der Homepage des Langenzersdorf
Museum: http://www.lemu.at/brand_biographie.htm (letzter Zugriff: 31.07.2016).
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Titel
- Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
- Untertitel
- Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Autor
- Primus-Heinz Kucher
- Herausgeber
- Rebecca Unterberger
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-631-78199-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 466
- Kategorie
- Kunst und Kultur