Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 248 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 248 - in Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938

Bild der Seite - 248 -

Bild der Seite - 248 - in Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938

Text der Seite - 248 -

Marco Hoffmann248 3 Zwischen Ost und West:  Rezeptionshaltungen in Maschinist Hopkins Dass Brand sich selbst als künstlerischen Interakteur mit der gegenwärtigen Gesellschaft und ihren Problemen betrachtet hat, ist auch seiner Erfolgsoper eingeschrieben. Die Welt, in der Maschinist Hopkins spielt, ist keine der Urauf- führungszeit enthobene, reicht nicht  – wie etwa in Richard Wagners Musik- dramen  – in vergangene beziehungsweise mythisch überlieferte Zeiten hinein, sondern spiegelt völlig nüchtern die Lebensrealität der 1920er Jahre wider. Damit lässt die Oper sich in den Trend der sogenannten „Zeitopern“ zur Zeit der Wei- marer Republik einordnen, zu denen als prototypisch Ernst Kreneks Jonny spielt auf, Kurt Weills Der Zar lässt sich photographieren oder George Antheils Transat- lantic gezählt werden, in denen die aktuelle Gegenwart Schauplatz für das Büh- nengeschehen ist. Passend zu dieser Einordnung beschrieb Ernst Krenek, der maßgebliche Beiträge zum Genre der Zeitoper lieferte, Maschinist Hopkins als „eine Kreuzung zwischen Jonny und den mechanistischen Orgien zeitgenössi- scher sowjetischer Komponisten“.35 Das erste Setting, mit dem das Publikum vertraut gemacht wird, ist ein „Pro- letarierviertel“,36 das inmitten enger und eintöniger Häuserfronten zwei für die Oper zentrale Orte beherbergt:  zum einen die mit einer „schäbig beleuchtete[n] Aufschrift“ ausgestattete „Bondy’s Bar“, zum anderen den „phantastische[n] Riesenkasten einer Fabrik“ im Hintergrund der Szenerie.37 Schon Brands Wort- wahl für die Beschreibung der Fabrik deutet an, dass diese alles andere als einen sachlichen oder unsentimentalen Ort darstellt, und im Verlauf der Handlung wird sie tatsächlich zu einem Zentrum irrationalen und emotionalen Erlebens und damit zur transzendenten Gegenwelt der „Bondy’s Bar“. Wie sehr Brand damit, ungeachtet  aller für eine Zeitoper typischen Symptome, an eine Wag- ner’sche Musiktheater-Konzeption anknüpft, kann an den beiden Bildern des Vorspiels abgelesen werden. Vorgestellt werden drei zentrale Personen:  der Pro- letarier Bill, der zunächst die Interessen des Arbeitervolks vertritt, der Werk- meister Jim, der dieses Volk dazu bewegen will, für mehr Lohn und Rechte zu kämpfen, und dessen Frau Nell, die sich von Bill dazu überreden lässt, Jims Fab- rikschlüssel herauszugeben, um die Firmengeheimnisse zu stehlen. Inmitten 35 Ernst Krenek:  Im Atem der Zeit. Erinnerungen an die Moderne. Hamburg:  Hoffmann und Campe 1998, S.  697. 36 Vgl. Max Brand:  Maschinist Hopkins. Wien:  Universal-Edition 1929, S.  5. Im Fol- genden als „Partitur“ zitiert. 37 Ebd.
zurück zum  Buch Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938"
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹