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Olesya
Bobrik282
Der Vertrag mit der UE hatte für Muzsektor Gosizdat hauptsächlich zwei
Vorteile: Er schützte sowjetische Ausgaben urheberrechtlich vor Raubkopien
und unautorisierten Aufführungen außerhalb der UdSSR und schränkte die
Abwanderung russischer Komponisten zu ausländischen Verlagen ein. Mit
Inkrafttreten der Verlagsverträge erloschen die individuellen Verträge zwi-
schen den Komponisten und der UE. Außerdem beförderte die Bewerbung
sowjetischer Ausgaben seitens der UE die internationale Wahrnehmung sow-
jetischer Musik. Welchen Nutzen konnte der Deal mit dem sowjetischen Ver-
lag nun dem Wiener Verlag bringen? Notizen Hertzkas, die vermutlich an
seine Mitarbeiter adressiert waren und sich heute im UE-Archiv befinden,
lassen einige Schlussfolgerungen zu.47 Dokumente, datiert vom März 1927, in
denen Muzsektor Gosizdat und Jurovskij Erwähnung finden, (s. Abb. 5, 6),
geben unter anderen folgende Aufschlüsse:
9. III <…>
Jurowsky Musector [sic!] Vertrag. Ich glaube wir sollen die Sache – obwohl die mate-
riellen Vorteile die jetzt zu erblicken sind, nicht nennenswert sind [–] zum Abschluss
bringen, denn es hat besondere Prestige-Vorteile. – Der Vertrag ist ja im Grossen Gan-
zen schon früher genau durchstudiert worden und wenn Sie Verbesserungen erreicht
sehen umso besser.
–— Komplizierter ist allerdings die Affaire mit dem Aufdruck unser
Fa [?] [= Firma?][1 нрзб.] zum Schutze der Musector Werke <…>48
Hertzkas Worten zufolge hatte der Vertrag mit Muzsektor für seinen Verlag
„besondere Prestige-Vorteile“, das heißt sich als „weltweit“ einziger Vertreter
des größten Verlags der UdSSR profilieren zu können. Die Zusammenarbeit mit
Muzsektor war darüber hinaus in finanzieller Hinsicht gewinnbringend für die
UE: Durch die Aufnahme von Noten russischer Verlage in den eigenen Kata-
log und dem offensichtlich kaum mit Kosten verbundenen Druck wurde der
Verlag auch prozentuell an deren Aufführungen beteiligt. „Für die Aufführung
jedes (gemeinsam herausgegebenen) Orchesterstücks verpflichtete man sich, ein
Honorar zugunsten des Autors und davon teilweise […] des Verlags einzuhe-
ben“, so Mjaskovskij.49
47 Für die Möglichkeit zur Einsichtnahme danke ich Werner Schembera-Teufenbach.
48 Für die Hilfe bei der Dechiffrierung sei Prof. Christoph Flamm gedankt.
49 Zit. nach:
Mal’ko N.:
Vospominanija, stat’i, pis’ma. Leningrad:
Muzyka, 1972. S.
216.
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Titel
- Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
- Untertitel
- Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Autor
- Primus-Heinz Kucher
- Herausgeber
- Rebecca Unterberger
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-631-78199-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 466
- Kategorie
- Kunst und Kultur