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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Seite - 293 -
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Vom stummen Panzerkreuzer zum tönenden Potemkin 293 und Nächten“13 entstandene Komposition am Dirigentenpult präsentiert, die eine für damalige Verhältnisse ausgesprochen experimentell anmutende Klangspra- che erstmals in die Kinowelt transponiert. Für den Wiener Komponisten Mei- sel (1894–1930) stand der Panzerkreuzer Potemkin sowohl ganz am Anfang als auch am Ende seiner Arbeit für den Film. Er war als Filmmusiker vollkommen unerfahren, hatte zuvor lediglich an einigen Konzerten mitgewirkt und Bühnen- musiken zu Inszenierungen Erwin Piscators geschrieben. Auf Empfehlung der Kulturfunktionärin Marija Andrejewa und durch Piscators Vermittlung wurde er von der Verleihfirma Prometheus mit einer durchkomponierten Begleitmusik beauftragt. Nach der Erstaufführung des Potemkins avancierte Meisel zu einer bekannten Größe.14 Meisel arbeitet weitgehend unabhängig von Ėjzenštejn. Im Frühjahr 1926 weilt der Regisseur in Berlin, begutachtet die von Piel Jutzi großzügig interpretierte deutsche Fassung seines Films, die auch Grundlage des Kompositionsauftrags für Meisel ist. Ėjzenštejn ist nicht begeistert, „eine irgendwie zufällige, untypi- sche Meuterei mit historisch neutralem Hintergrund“ vorgesetzt zu bekommen. Immerhin, erinnert er sich später, besprach er sich mit dem Komponisten:  „Ich formulierte meine Forderungen an Meisel für eine Musik als Rhythmus, Rhyth- mus und vor allem reiner Rhythmus … Der ‚stumme‘ Potemkin erteilt dem Tonfilm eine Lektion.“15 Meisel konzipiert eine Fassung für Salonorchester (Besetzung:  Piccolo/Flöte, Trompete, Posaune, Harmonium, Schlagzeug/drei Spieler und Streicher/ohne Bratsche). Aufgrund des großen Erfolgs erweitert er den Orchesterapparat auf über 40 Mann.16 Ėjzenštejn begrüßt Meisels Vorhaben, eine völlig neue, effektvolle, zum Rhythmus der Montage passende Musik zu schreiben. Die Komposition wird von der Pauke und anderen perkussiven Instrumenten beherrscht. Sie illustrieren 13 Edmund Meisel:  Wie schreibt man Filmmusik? In:  Ufa-Magazin, H.  14/1927, o.S. 14 Gleichwohl konnte der Komponist mit keiner seiner weiteren Arbeiten für den Film  – wie etwa Der heilige Berg (1926), Berlin. Die Sinfonie der Großstadt (1927), Oktober. Zehn Tage, die die Welt erschütterten (1928) oder der nachträglich vertonte Der blaue Express (1930)  – an seinen ersten Erfolg anschließen. 15 Sergej M.  Eisenstein, zit. bei:  Enno Patalas:  Die Irrfahrten der Potemkin. In:  Anna Bohn (Red.):  Panzerkreuzer Potemkin. Das Jahr 1905. Programmbroschüre zur Pre- miere der rekonstruierten Fassung. Berlin:  Stiftung deutsche Kinemathek 2005, S.  10. 16 Vgl. Rainer Fabich:  Bronenosez Potjomkin. In:  ders.:  Musik für den Stummfilm. Analysierende Beschreibung originaler Filmkompositionen. Frankfurt:  Peter Lang 1993 (= Europäische Hochschulschriften. Reihe XXXVI Musikwissenschaft, Bd.  94), S.  237–276, hier S.  244.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Titel
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Untertitel
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Autor
Primus-Heinz Kucher
Herausgeber
Rebecca Unterberger
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
466
Kategorie
Kunst und Kultur
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