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Evelyne Polt-Heinzl
Otto Rudolf Schatz – Die produktive
Verbindung von Neuer Sachlichkeit und
Proletkult1
Abstract: The interesting but long forgotten figure of the mainly graphic artist O.
R. Schatz
will be explored in this paper in his manifold facets. Special attention deserves his often
deserted industrial landscapes or his implicit and explicit cultural and critical comments
on oppressive aspects of the technical-mechanical dysfunctions in his city drawings which
can be seen as documents of his reception and elaboration of “Proletkult”.
1 Blinde Flecken im Moderne-Bild
Avantgarde und Tradition haben meist eines gemeinsam: die Schublade. Wer
eine Lade mit heftigem Ruck zuschlägt, um eine neue aufzureißen, geht in der
Regel sogleich an deren ordentliche Beschriftung – um jede Verwechslung mit
der gerade lautstark zugemachten auszuschließen. KünstlerInnen, die sich um
den Ladenschrank der Kunstgeschichte prinzipiell nicht kümmern, versäumen
die eigene Schubladisierung und dadurch eine wichtige Abzweigung auf dem
Weg zur Kanonisierung. Otto Rudolf Schatz ist dafür ein gutes Beispiel.
In seinem Fall standen einem Revival in den letzten Jahrzehnten auch einige
prinzipielle Hindernisse entgegen. Viele seiner Arbeiten der 1920er Jahre sind in
Publikationen der österreichischen Arbeiterbewegung erschienen und in ihrem
Umfeld entstanden. Die Geschichte der Arbeiterbewegung in Österreich – nach
dem Höhepunkt der Ausstellung Mit uns zieht die neue Zeit, präsentiert im Jahre
1981, wo auch Werke von Schatz gezeigt wurden – ist zunehmend ins Abseits
geraten. Wo es nur mehr Arbeit- und Projektnehmer gibt, der Begriff „Arbeite-
rin“ nur mehr als „Sexarbeiterin“ in Verwendung ist, wirkt engagierte Kunst aus
dem Umfeld der Arbeiterbewegung veraltet und gestrig.
Ein weiteres Problem war das Klischee vom Fehlen einer literarischen wie
künstlerischen Avantgarde in der Ersten Republik, das sich erst seit einigen Jah-
ren in Korrosion befindet. So wie in den meisten anderen Ländern war frei-
lich auch in Österreich die avancierte Kunst nicht die staatstragende, aber wie
1 Für viele anregende Gespräche, wertvolle Hinweise und eine kritische Lektüre danke
ich dem O. R. Schatz-Experten Dietrich Kraft.
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Titel
- Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
- Untertitel
- Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Autor
- Primus-Heinz Kucher
- Herausgeber
- Rebecca Unterberger
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-631-78199-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 466
- Kategorie
- Kunst und Kultur