Seite - 28 - in Rudolf Eitelberger von Edelberg - Netzwerker der Kunstwelt
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28 E. Kernbauer, K. Pokorny-Nagel, J. Rüdiger, R. Rosenberg, P. Werkner und T. Jenni
Der Blick auf die nach Unterrichtsjahrgängen dargestellten Fächer37 zeigt ein hohes
Maß an personeller und organisatorischer Kontinuität – allerdings nur, solange Eitel-
berger als Museumsdirektor im Amt war. Sie bricht nach dem Ende seiner Ära sofort ab
und macht vielfachen Verzweigungen und Diversifizierungen Platz. Wie sehr das Aus-
bildungsangebot der neuen Kunstgewerbeschule im Sinne von Handel und Gewerbe
angelegt war, zeigt ein »Rundschreiben der Handels- und Gewerbekammer für das Erz-
herzogthum Österreich unter der Enns«38, das im Sommer 1868 den Unterrichtsbeginn
an der neuen Kunstgewerbeschule ankündigte. Es hebt ihre Aufgaben hervor, »Zeichner
und Modelleure für Fabriken und Gewerbe, dann Zeichen- und Modellirlehrer für Ge-
werbeschulen heranzubilden«. Die Schule, eine »höchst liberale Institution«, richte sich
auch an Hospitanten »zur Vervollständigung ihrer künstlerischen Ausbildung«, wobei
»die Lehrmittel des Museums vollständig zu benützen« seien. Das Rundschreiben be-
legt die Bedeutung der Kunstgewerbeschule als einer übergeordneten Anstalt der Ge-
werbeschulen. »Die Herren Fabrikanten und Besitzer von Werkstätten« werden darin
ausdrücklich angesprochen. So vollendete die Etablierung der Kunstgewerbeschule die
Mission des Museums als erster Ausbildungsstätte der Monarchie.
Ihre zentralistische Stellung wurde nochmals verstärkt, als 1882 eine gemeinsame
Verwaltung der gewerblichen Fachschulen in den habsburgischen Kronländern gebildet
wurde. Ist es verwunderlich, dass Eitelberger zeitweilig Präsident der Fachschulkom-
mission und Beirat für Kunstangelegenheiten im Ministerium für Cultus und Unter-
richt war ? »Die Central-Commission, das Museum und die Kunstgewerbeschule bil-
deten die Grundlage für eine zentralistische Organisation der kunstgewerblichen Aus-
bildung in der österreichischen Reichshälfte.«39
So verbanden Museum und Schule ihre pädagogische Schlüsselrolle mit einer durch-
aus politischen Aufgabe. Von Eitelberger abwärts »betrachteten die Pädagogen in Wien
die Fachschulen als eine integrale Komponente der österreichischen Mission, die Kron-
länder zu assimilieren«.40 Innerhalb des komplexen und ambivalenten Unterfangens der
Konzeption einer österreichischen Identität, die die verschiedensten Kulturen der Kron-
37 M. Dorner-Bauer/V. Gitzl/S. Herkt/P. Werkner, Genealogie der Unterrichtsfächer und
Studiengänge 1868–2017, in : 150 Jahre Universität für angewandte Kunst Wien (zit. Anm. 34),
S.
317–413. Vgl. auch V. Gitzl, Genealogien der Klassen. Die historische Entwicklung der Klassen/
Studienrichtungen an der Kunstgewerbeschule Wien in den Jahren 1867 bis 1937, Dipl-Arb., Univ.
für angewandte Kunst Wien, 2016.
38 Rundschreiben vom 31.08.1868, Z.
2336/1868, Kopie bei Patrick Werkner.
39 D. Reynolds, Die österreichische Synthese. Metropole, Peripherie und die kunstgewerblichen
Fachschulen des Museums, in : Noever (Hg.), Kunst und Industrie (zit. Anm.
12), S.
203–218, hier
S.
208.
40 Ebenda, S.
217.
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Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien