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40 Werner Telesko
onierten, weil staatlicherseits offenbar erwünschten Konzepts wissenschaftlicher Ex-
aktheit beruhte strenggenommen vornehmlich auf der Praxis des Unterrichts sowie auf
der »Erschließung des Gegenstands aus den schriftlichen Quellen«31. Eitelberger setzte
somit den in der kunstgeschichtlichen Gründungsurkunde Thuns formulierten Auftrag
vor allem auf den beiden praktisch orientierten Säulen von Unterricht einerseits und
Editionsvorhaben andererseits um, deren Methodik und Durchführung jedoch nicht
mit einem ausformulierten Konzept aus der Feder des Kunsthistorikers verbunden
waren. So sehr er in einer Eingabe an Thun vom 24. Juni 1851 von der notwendigen
»Vergleichung der Kunstdenkmäler unter einander«32 gesprochen hatte, so sehr blieb er
letztlich die konkrete Einlösung dieses ambitionierten Postulats schuldig.
Kunstgeschichte und Herbartianismus
Wenn in den letzten Jahren in der Wissenschaftsgeschichte von der durchdringenden
Wirkung des Herbartianismus im Kulturleben der habsburgischen Monarchie die Rede
war, in deren Rahmen dieser Denkrichtung sogar der »Status einer offiziellen Erzie-
hungs- und Bildungslehre«33 bzw. einer »Staatsphilosophie«34 in ihrer rigiden Ableh-
nung idealistischer Philosophie zugeschrieben wurde, so bietet jedenfalls das Schaf-
fen Eitelbergers – ganz im Gegensatz zu jenem des Ästhetikers Robert Zimmermann
(1828–1898) (Abb. 2), des Lieblingsschülers Bernard Bolzanos (1781–1848), kaum
einen Ansatzpunkt für eine unmittelbare Zuordnung zum Herbartianismus. Zimmer-
mann, seit 1861 Ordinarius für Philosophie an der Wiener Universität, verfolgte einen
explizit formalistischen Ansatz, der zum Inhalt hatte, kognitive Dimensionen (Punkt,
Linie, Fläche, hell-dunkel etc.) mit den Erfahrungen durch den Betrachter und einem
Interesse an Rezeptionsästhetik zu verbinden.35 Seine Ästhetik wurde zusammen mit
Eduard Hanslicks (Abb. 3) Programm von der jüngeren Forschung auch als »Grün-
(M.
Gubser, Time’s Visible Surface : Alois Riegl and the Discourse on History and Temporality in
Fin‐de‐ Siècle Vienna, Detroit 2006, S.
106) zu interpretieren.
31 Dobslaw, Quellenschriften (zit. Anm.
15), S.
31.
32 Zitiert nach : Seiler, Motive (zit. Anm. 20), S. 56 ; vgl. Borodajkewycz, Frühzeit der Wiener
Schule (zit. Anm.
5), S.
331.
33 Vgl. K. Clausberg, Wiener Schule – Russischer Formalismus – Prager Strukturalismus. Ein kom-
paratistisches Kapitel Kunstwissenschaft, in : Idea. Jahrbuch der Hamburger Kunsthalle, 2, 1983,
S.
151–180, hier S.
159.
34 Feichtinger, Wissenschaft (zit. Anm.
28), S.
146–151.
35 Clausberg, Wiener Schule (zit. Anm.
33), S.
163 ; Seiler, Motive (zit. Anm.
20), S.
52 f.
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Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien