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Der Kunsthistoriker Rudolf von Eitelberger und die Autonomieästhetik seiner Zeit 43
negativen Tendenzen hielt Eitelberger in bester Tradition seines Faches das historische
Korrektiv der italienischen Renaissance entgegen, in der er das Ideal eines alle Wissens-
gebiete verbindenden Künstlertums zu entdecken meinte. Die Quellenschriften sind in
dieser Hinsicht vor allem als wichtiger Baustein einer von ihm als höchst notwendig
angesehenen »Erneuerung der Kunst«46 konzipiert, nicht jedoch durch ein genuin phi-
lologisches Interesse an den Quellentexten selbst angeleitet.
Diese Art von Funktionalisierung bzw. Instrumentalisierung der untersuchten histo-
rischen Gegenstände zugunsten jeweils variierender Interessenslagen bleibt bei Eitel-
berger kein Einzelfall : In seinem Aufsatz Das Wiener Genrebild vor dem Jahre 184847
geht es vor allem um die Frage, in welcher Hinsicht die österreichische Malerei dieser
Zeit mit der Produktion im Ausland verbunden war. Eitelberger betrachtet die Abge-
schlossenheit des Wiener Lebens in der Epoche des Vormärz für die Genremalerei als
deutlichen Vorteil.48 Seine Ausführungen lesen sich letztlich wie eine sozialhistorisch
unterlegte Kulturgeschichte, die um den ständigen Referenzpunkt des »Schicksalsjah-
res« 1848 kreist, wobei so gut wie nie Einzelanalysen von Künstlern und Kunstwerken
auftreten. In diesem Zusammenhang ist auch der später häufig strapazierte Topos zu
finden, dass das »ungebrochene Volksleben Wiens […] die Genremalerei gewisser-
massen aus sich selbst hervorbrachte«.49 Eingeflochten in seine Argumentation sind
Passagen, welche die damals virulente Nationalitätenfrage thematisieren und diese vor
dem Hintergrund der Situation im Vormärz betrachten.50 Eitelberger interessiert dem-
gemäß vor allem die Frage, ob das Wiener Volksstück als »nationales Tendenzstück«51
zu betrachten sei. Ganz ähnlich sind auch andere Aufsätze Eitelbergers konzipiert : Das
Werk des in Wien tätigen Malers Johann Peter Krafft (1780–1856) beurteilte er etwa
vornehmlich »nach den Bedingungen, unter denen er producirte«52. Charakteristisch in
diesem Sinn ist auch Eitelbergers Vorgangsweise, in den historischen Gegenstand, den
er behandelt, eigene Imperative in Bezug auf die zeitgenössische Kunstpolitik einzu-
46 Dobslaw, Quellenschriften (zit. Anm.
15), S.
138.
47 R. Eitelberger von Edelberg, Das Wiener Genrebild vor dem Jahre 1848 [1877], in : ders.,
Kunst und Künstler Wiens der neueren Zeit (Gesammelte kunsthistorische Schriften von Rudolf
Eitelberger von Edelberg, I), Wien 1879, S.
37–60.
48 Ebenda, S.
52.
49 Ebenda, S.
45.
50 Ebenda, S.
47.
51 Ebenda, S.
48.
52 R. Eitelberger von Edelberg, Peter Krafft [1857], in : ders., Gesammelte kunsthistorische
Schriften, I (zit. Anm.
47), S.
61–72, hier S.
62.
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien