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Rudolf von Eitelberger und Joseph Daniel Böhm 65
wird«.71 Eitelbergers Ansicht nach seien Vorträge über Kunstgeschichte und Kunstar-
chäologie für Studenten besonders anschaulich, wenn sie über das rein Theoretische
hinausgingen und anhand von praktischen Übungen an Objekten überprüft würden.
Ihm als Lehrendem müsse dafür eine ausgedehnte und wohlgeordnete Kunstsammlung
zur Verfügung stehen. Da ihm die Sammlung der Akademie der bildenden Künste zuge-
wiesen worden sei, müsse sie allerdings noch für den Unterricht adaptiert werden. In
der Folge schlägt Eitelberger mehrere Maßnahmen vor, darunter auch die Herstellung
von Vorlagenwerken mit architektonischen Grundrissen verschiedener Gebäude und
eine historisch geordnete Aufstellung der vorhandenen Sammlung an Gipsabgüssen,
die beim Neubau des Akademiegebäudes berücksichtigt werden könnte.72 In dem Brief
können durchaus Parallelen zu den bereits zitierten Ansichten Böhms in Bezug auf die
Ausbildung von Graveuren an der Graveurakademie gesehen werden. Für deren umfas-
sende Kunstbildung sah Böhm ja die Notwendigkeit einer Kunstsammlung, um anhand
plastischer Werke die zweckmäßige theoretische, wie praktische Bildung erlangen zu
können.73 Eitelberger versuchte das Konzept der Verbindung von Theorie und Praxis –
wie es in der Numismatik und Altertumskunde bereits üblich war – in seiner kunsthis-
torischen Lehre an der Wiener Universität und ab 1863/64 als regelmäßige Übungen
vor Originalen in dem von ihm im Sinne eines Ausstellungs- und Ausbildungsortes
begründeten Österreichischen Museum für Kunst und Industrie zu vermitteln.74
Einen weiteren Aspekt bot für Eitelberger wesentlich die Analyse eines Kunstwerks,
wie Böhm sie vertrat. Für Eitelberger wie für Böhm standen das Erklären und Bestim-
men des Werks, das Ausgehen von der »Individualität des Einzelkunstwerks und seiner
Autopsie«75 mittels induktiver Methode im Fokus. Anhand eingehender Untersuchung
71 Eitelberger an Leo Thun, Thun-App digital (zit. Anm.
70) [13.04.2017].
72 Eitelberger an Leo Thun, Thun-App digital (zit. Anm. 70) [18.04.2017]. Die Beilage enthält das
Gutachten von Christian Ruben über die Vorschläge von Eitelberger, vom 20. Januar 1853. Eitel-
bergers Vorschläge sollten in der Folge von einer Kommission der Akademie auf Anwendbarkeit
und Umsetzung geprüft werden. An den Reformbestrebungen der Akademie, die seit der Berufung
von Franz Anton II. Graf von Thun und Hohenstein (1809–1870) zum Akademiedirektor im Ok-
tober 1850 stattfanden, war anfangs auch Böhm (1850–1851) beteiligt. Vgl. Eitelberger, Josef
Daniel Böhm (zit. Anm. 5), S. 202. Vgl. Lützow, Akademie der Bildenden Künste (zit. Anm. 16),
S.
113. Unter der Leitung von Leopold Kupelwieser (1796–1862) war Böhm Teil jener Kommission,
die sich mit der Auswahl und dem Erwerb von Vorlagenwerken für die Elementarschule beschäf-
tigte. Vgl. Höflechner/Pochat (Hg.) 100 Jahre Kunstgeschichte an der Universität Graz (zit.
Anm. 45), S. 11 f.; Durch Böhm soll auch ein Gipstorso der Ägineten aus dem Depot in die Lehr-
säle der Akademie gekommen sein.
73 AT-OeStA/FHKA SuS HMA Akten
65 (1835), Z.
922.
74 Jenni/Rosenberg, Die Analyse der Objekte (zit. Anm.
2), S.
124.
75 Vgl. Schlosser, Die Wiener Schule der Kunstgeschichte (zit. Anm.
1), S.
147 f.
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Titel
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Untertitel
- Netzwerker der Kunstwelt
- Autoren
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 562
- Kategorie
- Biographien